Landwirte auf Stecherfang

■ Spargelbauern wollen sich die polnischen Saisonarbeiter nicht wegnehmen lassen, gleichzeitig gründen sie Agenturen zur Vermittlung von deutschen Arbeitslosen

Dietrich Paul will seine polnischen Erntearbeiter behalten. Der Vorsitzende der „Vereinigung der Spargelbauer in Niedersachsen“ hat Angst, daß ihm Bundesarbeitsminster Norbert Blüm (CDU) irgendwann „das Wasser abgraben will“: Seit Februar müssen die Bauern zehn Prozent einheimische Arbeitslose als Erntehelfer einstellen. Um noch Schlimmeres zu verhindern, will Paul jetzt gegenüber Blüm „guten Willen“ zeigen: Er gründete drei Beschäftigungsagenturen, die deutsche Arbeitslose akquirieren – „damit die in Bonn nicht sagen: Ihr wollt ja nur Eure Polen behalten.“

Wegen der neuen Verordnung liegen die Spargelbauer mit der Blüm-Behörde seit Tagen im Klinsch. Die Spargelernte sei in Gefahr, schlugen die Niedersachsen Alarm – weil sich nicht genug einheimische ArbeiterInnen gefunden hätten. Die Arbeitsämter sollen Arbeitslose zwangsverpflichten und mit dreimonatiger Sperrzeit der Arbeitslosenhilfe drohen können. Trotzdem beteuern die Spargelbauer: „Ich hatte elf Bewerber, aber nur vier kamen“, so Heiner Meyer aus Altenwalingen. „Die hatten Rückenschmerzen oder irgendwelche anderen Leiden“, klagt er. Die Polen dagegen würden trotz knüppelharter Maloche zum Stundenlohn von knapp zehn Mark immer hart anpacken.

„Vorbehalte gibt es auf beiden Seiten“, entschuldigt der Spargelbauern-Vorsitzende Dietrich Paul diese derben Worte. „Die Arbeitgeber sagen: Die Arbeitslosen sind sich für diese Arbeit zu schade. Und die werfen uns vor, wir wollten nur billige Arbeitskräfte haben.“ Die neue Zwangsverpflichtung verstärke diese Vorurteile. Deshalb seien jetzt die neuen Agenturen da. Dort sollen gezielte Gespräche klären, wo die Arbeitslosen am besten arbeiten könnten. Die Bundesanstalt für Arbeit fördert die drei Agenturen in Celle, Uelzen und Verden mit knapp zwei Millionen Mark. Die Spargelbauervereinigung betreibt sie als Tochterunternehmen. Sechs Leute wurden eingestellt und 15 Fahrzeuge wurden angeschafft – damit sich niemand mit zu langen Fahrzeiten herausreden kann. „Wunderdinge“ dürfe man aber noch nicht erwarten: „Das läuft erst seit März an.“

Tatsächlich berichtet das Arbeitsamt Verden von erst 30 vermittelten Arbeitslosen, „die aber schon viel einbringen, weil jeder Vermittelte uns rund 2.000 Mark im Monat spart.“ Doch etwa 100 Arbeitswillige lägen bei der Agentur immer noch „auf Halde. Deshalb habe ich mich schon gewundert, daß über Arbeitskräftemangel geklagt wurde“, sagt Arbeitsamts-Mitarbeiter Klaus Herzberg. Mit seiner Verwunderung ist er nicht allein: Auch das Bundesarbeitsministerium hatte die Klagen als „Polemik einiger Verbandsträger“ abgetan. Die Ernte sei nicht wegen fehlender Leute sondern wegen der heißen Maitage danebengegangen. Die Bauern müßten sich eben wieder daran gewöhnen, „deutsche Arbeitskräfte zu beschäftigen – auch wenn sie nicht so eine große Leistungsfähigkeit haben“, sagt dazu Klaus Herzberg vom Arbeitsamt ganz lapidar.

Denn noch profitieren die Spargelbauer von dem bislang in osteuropäische und deutsche Arbeitskräfte geteilten Erntearbeitsmarkt: „Sie schöpfen sich eben so die guten Kräfte ab“, analysiert Klaus Herzberg. Die Polen sind hochmotiviert, weil das, was sie Verdienen, in ihrer Heimat das Dreifache wert ist. „Sie leiden eben materielle Not und beißen deshalb die Zähne zusammen“, schwärmt denn auch der Vereinsvorsitzende der Spargelbauer Dietrich Paul und moniert, daß die deutschen Arbeitslosen, „doch nie richtig durchs soziale Netz fallen würden.“ kat