Akten-Bestände belasten Siemens-Haus um

■ Kein „gläsernes Rathaus“ in Bahnhofsnähe: Statt lebhaften Publikumsverkehrs sollen im teuren Erdgeschoß Bauakten lagern / Wirtschaftsförderer weiter auf der Suche nach einem Domizil

Der Bremer Senat muß sich am kommenden Dienstag mal wieder mit Immobilienfragen befassen. Eigentlich sollte das Immobilien-Management an eine kommunale GmbH mit professionellem Management übertragen werden, nachdem die Wirtschaftsprüfer von Mc- Kinsey große Defizite in der Bewirtschaftung des Immobilienvermögens der Stadt festgestellt hatten. Aber diese Ausgliederung läßt noch auf sich warten.

Und zunächst wird ja auch eine repräsenative Immobilie für den neuen Bremer Wirtschaftsförder-Konzern namens „BIG“ gesucht. Vor einigen Wochen war auf der Suche nach 2-3.000 Quadratmetern freistehender Bürofläche in bester Lage das ehemalige Telekom-Haus in der Langenstraße in den Blick gekommen, das zeitweilig von der Deutschen Bank genutzt wurde und nun wieder leersteht. Nun hat aber die überregionale Projektentwicklungsgruppe ECE ihr Interesse an dem Gebäude-Komplex angemeldet (siehe taz vom 26.3), will aber dort 10.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche unterbringen und denkt gemeinsam mit der Landesbank über die Kosten einer Passagenverbindung zur Obernstraße nach. Nun soll für „BIG“ ein anderes Objekt gesucht werden. Das seit Jahren leerstehende Postamt 5 am Bahnhof soll als mögliche Adresse untersucht werden.

Unentschieden ist bisher auch die Nutzung des Siemens-Hochhauses am Bahnhof, das dem Konzern zur Erleichterung seiner Neuinvestition im Technologiepak an der Universität für 19 Millionen Mark abgekauft wurde. Seit zwei Jahren denken Arbeitsgruppen darüber nach, was mit dem überalterten Hochhaus in bester Bahnhofslage gemacht werden kann. Während der frühere Finanzsenator Ulrich Nölle einmal die Idee eines „gläsernen Rathauses“ an dem publikumsgünstigen Platz verbreitete, um das besondere Interesse am Kauf des Hauses zu begründen, und später auch die Unterbringung der Stadtbibliothek erwogen wurde, ist inzwischen Ernüchterung in die Planung eingetreten. Bauordnungsamt, Planungsamt, Bausenator, Personalrat Schulen und Landesamt für Ausbildungsförderung sollen einziehen, ein Mix von Behörden, die allesamt wenig miteinander zu tun und auch vergleichsweise wenig Publikumsverkehr haben. Da das Bauordnungsamt aber schwere Aktenbestände besitzt, die aus statischen Gründen nicht in den oberen Geschossen des Siemens-Hochhauses aufgestellt werden können, werden Untergeschoß und erstes Obergeschoß ganz wesenlich zu Zwecken des Aktenlagerns gebraucht. Die „hochwertige Bürofläche“ sei „mangels ausreichender Lichtverhältnisse“ auch gar nicht anders zu nutzen, heißt es in der Begründung des Finanzsenators. Früher war einmal an eine kommerzielle Fremdvermietung dieser Schaufenster-Adressen gedacht worden. Nur ein kleines „Bürger-Service-Zentrum“ soll Parterre eingerichtet werden, falls der Innensenator will. Die Sanierung des Gebäudes kostet 12 Millionen Mark.

Unter dem Strich, und wenn alle Verkaufserlöse für frei werdende kommunale Immobilien wie gewünscht erzielt werden, rechnet der Finanzsenator zusammen, würde eine jährliche Ersparnis von 216.000 Mark herauskommen. Die 398 Angestellten, die vom Umzug in das Siemens-Hochhaus betroffen sind, hatten bisher eine Fläche von 15.655 Quadratmeter für sich, in Zukunft werden sie auf 10.930 Quadratmetern arbeiten. Pro Quadratmeter gerechnet wird es also erheblich teurer. K.W.