Theaterdonner erreicht Peter Radunski

■ Deutsche Oper Berlin: Personalrat der Bühne und Bündnisgrüne werfen Kulturverwaltung "Vogel-Strauß-Politik" vor. Radunski soll trotz bekannten Defizits von 19 Millionen Mark nicht gehandelt haben. Spr

Im Konflikt um das Millionen- Loch der Deutschen Oper Berlin gerät nun – neben Intendant Götz Friedrich – auch Kultursenator Peter Radunski (CDU) in die Schußlinie. Im Parlamentsausschuß Theater warfen gestern Reiner Weisbach, Chef des Personalrats an der Deutschen Oper, und die kulturpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Alice Ströver, der Kulturverwaltung vor, der brisanten Finanzlage an der Bühne tatenlos zugesehen und nicht gehandelt zu haben. Die von Radunski erhobene Kritik, das Haus sperre sich gegen durchgreifende Strukturmaßnahmen, ließ Weisbach nicht gelten. Zugleich wies er die Behauptung zurück, der Personalrat treibe die Ablösung Friedrichs voran.

In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, daß die Deutsche Oper in diesem Jahr ein Defizit von 19 Millionen Mark bei einem Etat von rund 85 Millionen Mark ausweist. Kultursenator Radunski hatte gegenüber Götz Friedrich die Lage der Deutschen Oper als „äußerst bedrohlich“ bezeichnet. Nach derzeitigem Stand, so der Senator, müsse auch für 1999 von einem Fehlbetrag in der Größenordnung von 1998 ausgegangen werden. Zugleich hatte Radunski „strukturelle Maßnahmen zur dauerhaften Absenkung des Aufwandsniveaus“ angemahnt. Unter anderem soll der Intendant ein Sanierungskonzept vorlegen, weniger Inszenierungen auf die Bühne bringen, die Einnahmen erhöhen und Personal reduzieren.

Nach Ansicht Weisbachs sind diese Vorwürfe unberechtigt. So sei beispielsweise der Opernchor in den vergangenen fünf Jahren von 112 Stellen auf 94 Stellen reduziert worden. Ähnliches gelte auch für das Orchester und das Ballett. „Es ist doch nicht so, daß wir mit Scheuklappen durch die Gegend gelaufen sind.“ Weisbach wies auch darauf hin, daß der Staatsoper Unter den Linden 10 Millionen Mark mehr zugebilligt worden seien. Diese habe die Deutsche Oper zuvor eingespart. „Das ist kein fairer Wettbewerb.“

Alice Ströver kritisierte, die Kulturverwaltung habe die Augen vor der Opern-Misere verschlossen. Ströver: „Seit Monaten hätte der Kulturverwaltung klar sein müssen, daß sich bei der Deutschen Oper ein Millionendefizit anhäuft.“ Um den Haushalt der Oper habe sich Radunski trotz eines „Effizienzprüfers“ vor Ort aber nicht intensiv gekümmert. Dies sei ein weiteres Beispiel für die „verantwortungslose Vogel- Strauß-Politik“ des Senators, der damit die Opernlandschaft in der Stadt gefährde. Die Tatsache, daß Friedrich gestern sein Ballett zur Disposition stellte, wertete Ströver nur mehr als „Zeichen für die Planlosigkeit der Opernintendanz“.

Axel Wallrabenstein, Sprecher der Kulturverwaltung, bezeichnete die Vorwürfe als „absurd“. Radunski habe schon seit längerer Zeit auf die Situation an der Bühne hingewiesen und den Intendanten zu einer Strukturreform aufgefordert. Wallrabenstein kritisierte die mangelnde Bereitschaft zu Reformen an dem Hause in Charlottenburg.

Am positiven Beispiel der Komischen Oper könne man sehen, daß Wirtschaftlichkeit und künstlerischer Anspruch keine Gegensätze bedeuteten. Wallrabenstein: „Die Komische Oper kommt mit ihrem Geld aus und setzt noch Premieren an.“ Der Sprecher sagte, bis zum 15. Juni werde eine Kommission unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Lutz von Pufendorf ein „strukturelles Sanierungskonzept vorlegen“. Rolf Lautenschläger