"Gegenteil von ,Playboy+-Bunnies"

■ Roland Geggus, Präsident des Deutschen Basketball-Bundes, über die neue Erotik des deutschen Frauen-Teams, den "Lola Bunny Award" und die Perspektiven der heute in Deutschland beginnenden WM

taz: Herr Geggus, wann ist eine Frau eine coole Frau?

Roland Geggus: Wenn sie hübsch aussieht, Ausstrahlung hat, zu Überraschendem fähig ist und selbstbewußt auftritt – wenn sie cool ist eben.

Bei der Basketball-WM werden die Spielerinnen nach diesen Kriterien bewertet?

Genau. Eine Jury legt nach jedem Spiel fest, welche Spielerin diese Attribute besonders gezeigt hat. Dafür wird sie dann als coolste Spielerin dieser Partie geehrt.

Und bekommt den „Lola Bunny Award“ verliehen. Bunnies gibt es auch im „Playboy“. Herr Geggus, wollen Sie uns weismachen, daß das Zufall ist?

Aber absolut. Lola Bunny ist eine Basketball spielende Trickfilmfigur und ganz das Gegenteil von den Bunnies im Playboy, schon weil sie so selbstbewußt ist.

Immerhin gibt es Fotos zu sehen, die die deutschen Nationalspielerinnen unter der Dusche oder auf der Massagebank zeigen. Anders läßt sich wohl kaum größere Aufmerksamkeit auf Frauenbasketball lenken.

Es ist schade, daß dem so ist. Die Spielerinnen leisten sportlich genausoviel wie die Männer. Die Fotos, die Sie angesprochen haben, sind sehr gelungene Fotos, auch das Nacktfoto unter der Dusche. Das ist ja eher ein Kopffoto, das die Entspannung nach einem Spiel deutlich macht. Das hat keinen sexistischen Hintergrund.

Aber doch zumindest einen erotischen.

Auf diesem sportlichen Level spielt die Erotik überhaupt keine Rolle mehr. Natürlich bin ich nicht so blind, um nicht zu sehen, daß sich auch sehr viele Sportlerinnen über einen Schuß Erotik vermarkten. Das ist aber bei Einzel- und Glamoursportarten viel, viel mehr möglich als im Mannschaftssport.

Mit dem Mediengiganten Warner Brothers holt sich der DBB einen mächtigen Partner ins Boot. Wie kam es dazu?

Warner Brothers, einer der ganz großen Medienkonzerne der Welt, hat erkannt, daß man mit Frauenbasketball eine ganz bestimmte Zielgruppe, nämlich junge Eltern mit Kindern, erreichen kann. So ist das zumindest in den USA: Für die Männer ist vornehmlich die NBA da, für die ganze Familie gibt es die WNBA [Profiliga der Frauen; Anm. der Red.]. Dies ist auch die Grundlage für eine Vereinbarung mit dem DBB, die nach der WM ausdiskutiert und endverhandelt werden soll. Die WM ist, wenn man so will, das Pilotprojekt.

Was macht Warner Brothers?

Für uns ist jetzt schon ganz wichtig, daß wir über Warner Brothers Zugang zu Medien bekommen, die normalerweise für Frauenbasketball nicht so offen sind, zum Beispiel Bravo, Bravo Sport und andere Jugendzeitschriften.

Welches Interesse hat Warner Brothers an Deutschland?

Ganz klar kommerzielle. Warner Brothers möchte den 80-Millionen-Markt, den größten Markt in Europa, deutlicher besetzen. Die sind unter anderem auch dabei, in einigen Städten Warner- Brothers-Läden aufzumachen.

Herrr Geggus, was muß passieren, daß Frauenbasketball in Deutschland auch nur ein bißchen zu den Männern aufschließen kann?

Es muß mein Traum in Erfüllung gehen: Bei der WM im eigenen Land achtbar abschließen, sich bei der EM 1999 für die Olympischen Spiele in Sydney qualifizieren und dort um eine Medaille mitspielen. Dann hätten wir den Durchbruch im Frauenbereich geschafft.

Bei allen PR-Strategien geht es also doch nicht ohne den sportlichen Erfolg.

Ohne sportlichen Erfolg läuft gar nichts. Es ist eine absolute Illusion, wenn man denkt, daß man mit Foto-Sessions und anderen PR-Maßnahmen einen sportlichen Mißerfolg kompensieren könnte. Allerdings wird es der sportliche Erfolg alleine auch nicht tun. Man muß ihn schon begleiten.

Was macht Frauen-Basketball über das Fachpublikum hinaus sehenswert?

Die ursprüngliche Idee des Spiels, nämlich körperloses Spiel in einer sehr hohen Geschwindigkeit, wird beim Frauen-Basketball am ehesten umgesetzt.

Das heißt?

Man sieht bei Frauen viel, viel mehr technische Raffinesse, zu dem ist die Körperbetonung in der Spielanlage nicht so ausgeprägt. Das Spiel ist nicht so statisch und von der Taktik geprägt wie bei den Männern. Deshalb macht Frauenbasketball besonders viel Spaß.

Wie muß die WM verlaufen, damit Sie am Ende sagen können: „Die Sache war ein Erfolg.“?

Die Meßkriterien sind ganz klar: Einigermaßen volle Hallen, keine – und das steht auf der Prioritätenliste ganz oben – Sicherheitszwischenfälle, möglichst eine Plazierung unter den ersten acht für die deutsche Mannschaft und das Einhalten unseres Budgets von 3,5 Millionen Mark.

Sie haben die Sicherheit angesprochen und damit die Handball-WM der Frauen, wo es bei der Endrunde in Berlin zwei Tote gab. Ist das das Horrorszenario, mit dem Veranstalter in Deutschland leben müssen?

Das ist der absolute Horror für jeden Sportveranstalter. Schon deswegen, weil man 100 Prozent Sicherheit nicht garantieren und auch nicht kaufen kann. Wir haben seit Wochen einen eigenen Sicherheitskreis und einen Sicherheitsbeauftragten, das ist ein Polizeidirektor aus Berlin, der nichts anderes macht, als alle WM-Städte unter die Lupe zu nehmen und Sicherheitspläne zu erarbeiten. Aber es bleibt trotzdem ein Horror.

Sehen Sie Deutschland reif für einen Frauenbasketball-Boom?

Absolut. Von den Spielerinnen und der Vereinsstruktur her sind wir auf jeden Fall reif, und ich glaube auch von der Medienlandschaft her. Das Hauptproblem ist, daß wir noch eine sehr ungesunde Verteilung haben: Die Musik im Frauenbereich spielt sich im west- und norddeutschen Raum ab, Süddeutschland ist da ziemlich außen vor. Das ist natürlich hinderlich.

Den Gewinn der Männer-EM vor fünf Jahren konnte der DBB nur kurzfristig für einen Boom nutzen. Was hat man daraus gelernt?

Ich wehre mich ein bißchen dagegen, wenn gesagt wird, daß dieser Boom nicht richtig genutzt wurde. Wir haben nach dem EM- Sieg fast 500 neue Vereine und fast 70.000 Spieler dazubekommen.

Das bezieht sich auf die Breite.

Mehr war mit unseren Mitteln nicht möglich. Zumal wir bei der darauffolgenden WM 1994 in Toronto miserabel abgeschnitten und auch bei der EM 1995 eine totale Pleite geliefert haben. Das war boomstoppend.

Es gibt Gerüchte, die besagen, daß die Frauen-WM für den DBB nur eine Art Bewerbung sei, um später auch einmal eine Männer-WM ausrichten zu dürfen.

Da ist was dran. Um an eine Männer-WM ranzukommen, muß man sich bei der FIBA mit der Ausrichtung anderer Veranstaltungen hochdienen. Wir haben uns für die Männer-WM 2002 beworben und gegen Indianapolis verloren, weil wir einfach vom Finanziellen nicht mithalten konnten. Für 2006 wurde die WM aus gleichen Gründen an Japan vergeben.

Und nun wollen Sie...

Jetzt wollen wir mit der Ausrichtung der Frauen-WM zeigen, daß wir auch für eine Männer-WM reif sind. Frühester freier Termin hierfür aber wäre 2010.

Herr Geggus, sind die Frauen also doch nur Versuchskaninchen?

Nein, nicht Versuchskaninchen. Sondern Beweis, daß der DBB und Deutschland geeignet sind, Weltmeisterschaften auszurichten. Interview: Frank Ketterer