■ Standbild
: Wenigstens Omnipotenzphantasien

„Polizeiruf 110“: Kleiner

Engel, So. 20.15 Uhr, ARD

Tatortkommissare sind Großstädter. Sie kennen jede dunkle Ecke in Hamburg, Berlin oder Frankfurt. Aber da auch in Görlitz, Schwerin oder Halle irgendwer gegen das Böse kämpfen muß, gibt es den „Polizeiruf 110“. Genau das macht diese Krimiserie aus: Spannung erzeugen in den langweiligsten Städten. Neben dem DDR- „Sandmännchen“ hat nur der „Polizeiruf“ den Sprung vom Deutschen Fernsehfunk der DDR ins gesamtdeutsche TV geschafft und wird inzwischen auch von westdeutschen ARD-Sendern produziert.

Am Sonntag lief nun die 200. Folge. Der Hessische Rundfunk zeigte ein neues Ermittlungsteam, das natürlich nicht in Frankfurt am Main, sondern in Offenbach arbeitet. Ermittler Robert Grosche (Oliver Stokowski) ist ein netter Antiheld, dem, seit er nach Offenbach strafversetzt wurde, eh alles egal ist. Chantal de Freitas spielt seine Kollegin, sie ist tough und, weil sie schwarz ist, Anfeindungen gewohnt. Dritter im Bunde ist Dieter Montag als alternder Kommissar, der nach dem Leitspruch lebt: „Wer viel macht, kann auch viel falsch machen.“

Die drei müssen ein Mädchen und ihren halbstarken Freund retten, denen gleich zu Anfang ein geraubter Kunstgegenstand in die Hände gefallen ist: ein kleiner Engel, den Räuber um jeden Preis wiederbekommen wollen. Motive, Gut und Böse: Alles ist allen schnell klar, nur der Polizei nicht. Überraschungsmomente, die den Wettlauf zwischen Kripo und Gaunern aufpeppen würden, fehlen weitgehend. Allerdings: Der abschließende Showdown macht das wieder wett. Der Fiesling, voll mit Kokain, ergeht sich in Omnipotenzphantasien – absurd und ziemlich witzig. Katharina Maas