„Neues Bahnzeitalter“ mit Startproblemen

■ Einweihung der Berliner Stadtbahn endet im Chaos. Reisende sauer, Bahn untröstlich

Berlin (taz) – Das Berliner Renommierprojekt der Deutschen Bahn begann mit einem Tohuwabohu. Mit der Umstellung auf den Sommerfahrplan sollte am Sonntag auch die Stadtbahnstrecke quer durch die Berliner City wiedereröffnet werden. 50 Jahre lang hatte es in Berlin kein zusammenhängendes Fernbahn-Netz gegeben. Nach vierjähriger Bauzeit sollte nun die teuerste Renovierung der Bahn in Berlin mit einem glänzenden Start abgeschlossen werden. Rund zwei Milliarden hatte die Sanierung der Bahnhöfe und die etwa neun Kilometer Gleisstrecke gekostet.

Das große Fest wurde zum Flop, denn am Sonntag kam es auf den Berliner Gleisen zum größten Durcheinander seit Jahren. Auch über Nacht bekam die Bahn ihre Züge nicht in den Griff. Noch gestern nachmittag kamen viele erst mit stundenlanger Verspätung, auf einige mußten die Reisenden gar vergeblich warten. Am Verkehrsknoten Rummelsburg im Osten des neuen Stadtbahnrings durch Berlins Zentrum stauten sich die Züge. Besonders peinlich für die Bahn: Monatelang hatte sie „die größte Fahrplanänderung seit dem Fall der Mauer“ als „Beginn eines neuen Bahnzeitalters“ beworben.

Regionalzüge, die jetzt endlich durch Berlins Zentrum fahren sollten, fuhren zwar auf der schönen neuen Strecke, hielten aber nicht an den neuen Stationen. Erst hinter dem Stadtbahnring am Bahnhof Lichtenberg konnten Gäste zusteigen – wie früher. Besonders der frisch zum Fahrplanstart in „Ostbahnhof“ umgetaufte ehemalige „Hauptbahnhof“ im Ostteil der Stadt erlebte einen unglücklichen ersten Tag. Zusätzlich zu den technischen Problemen fiel am Ostbahnhof das Informationssystems der Bahn komplett aus. In der Folge gab es keine korrekten Anzeigen auf den Tafeln über den Gleisen, und auch den blau uniformierten Bahnbediensteten fehlte der Kontakt zur Leitstelle. Vergeblich scharten sich genervte Fahrgäste um die ebenfalls ratlosen Bahn-Angestellten. „Es ist die Hölle“, seufzte gestern eine Angestellte vom Service-Team, die seit vorgestern erboste Fahrgäste zu beruhigen hatte. Das jahrelang aufgebaute Image der Bahn sei „flöten“, unkte ein Kollege.

Unklar sind die Gründe für das Durcheinander. Ein Zusammenbruch der Signal- und Weichenanlagen im Stellwerk Rummelsburg soll laut einem Mitarbeiter der Bahn schuld sein. Die Bahn entschuldigte sich gestern offiziell für die Panne. Zusätzliche Reisekosten wie Taxi- oder Übernachtungsrechnungen sollen gegen Vorlage der Fahrkarte erstattet werden. Bereits am Sonntag sei eine Expertengruppe eingesetzt worden, um die Mängel zu beseitigen. Als Sofortmaßnahme sei die Zahl der Service-Mitarbeiter auf den Bahnhöfen erhöht worden. Die Bahn hoffte gestern, das Wirrwar noch bis zum Abend in den Griff zu kriegen. Kirsten Küppers