Waffenexporte unter Ausschluß der Öffentlichkeit

■ Der EU-Kodex für Rüstungshandel ist wenig verbindlich. Frankreich hat dafür gesorgt, daß die wichtigsten Informationen geheim bleiben – sogar gegenüber den EU-Partnern

Berlin (taz) – Gestern verabschiedeten die EU-Außenminister in Brüssel einen gemeinsamen Kodex für Rüstungsexporte. Der Handel mit Waffen soll dadurch nicht mehr länger eine rein nationale Angelegenheit sein, so wie es einmal in den Römischen Verträgen von 1957 festgelegt worden war. Doch ein verbindliches Papier ist die Erklärung nicht – dafür hatten im Vorfeld die beiden größten Rüstungsexporteure Frankreich und Großbritannien gesorgt, die den Ursprungstext im Februar eingebracht hatten.

Schweden hatte dagegen strengere Vorgaben für Rüstungsexporte gefordert. Doch weil die Regierung in Paris mit einem Veto gedroht hatte, kam fast keine der vorgeschlagenen Änderungen durch. Vor allem ging es um die Frage, inwieweit repressive Regierungen ihre Polizisten und Militärs mit Waffen aus EU-Produktion ausrüsten können. Während Menschenrechtsgruppen wie der International Security Information Service (Isis) gefordert hatten, keinerlei Waffen an Regime zu liefern, die Gegner foltern lassen, lehnten die EU-Außenminister ein solch prinzipielles Verbot ab.

Umstritten war auch die Frage, wen eine Regierung informieren muß, wenn sie einen Rüstungsexport erlaubt, den ein anderes EU- Mitglied zuvor verboten hatte. Frankreich forderte, daß das liefernde Land ausschließlich dem EU-Land seine Beweggründe darlegen muß, das die Ausfuhr zuvor untersagt hatte. Die Argumente für den Waffenexport sollen außerdem geheim bleiben. Die 14 anderen Außenminister plädierten dagegen für Transparenz gegenüber allen EU-Partnern. Sie konnten sich aber damit nicht durchsetzen.

Mehrere Länder hatten außerdem gewünscht, daß jedes Land einen jährlichen Bericht über seinen Waffenhandel vorlegen müsse, der auch den nationalen Parlamenten zugänglich sein sollte. Das aber ging mehreren Ministern dann doch zu weit: Die Öffentlichkeit soll sich mit einer Kurzfassung zufrieden geben, während die Regierungen der anderen EU-Länder immerhin eine ausführliche Fassung erhalten – streng vertraulich, versteht sich.

„Wir begrüßen die Harmonisierung der EU-Waffenexporte“, sagte gestern eine Spercherin des Auswärtigen Amts. Die Opposition vermutet hingegen, daß es der Bundesregierung dabei weniger um die Verteidigung der Menschenrechte als um die Förderung der deutschen Rüstungsunternehmen geht. Diese arbeiten immer stärker mit Firmen jenseits der Grenzen zusammen.

Erst vor ein paar Wochen hatten 40 Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU und FDP einen Antrag eingebracht, der Exportbeschränkungen lediglich für voll funktionsfähige Waffen vorsieht. Die Zulieferung von Waffenbauteilen soll die Kontrolleure dagegen nicht mehr interessieren, so die Vorstellung der Parlamentarier. Anne Barthel