■ Die Europäische Union hat das Embargo gegen Serbien aufgehoben
: Falsches Zeichen

Für die Kosovo-Albaner klingt die Entscheidung der Europäischen Union, das Embargo gegenüber Serbien aufzuheben, wie Hohn. Da wird die Aufnahme von unverbindlichen Gesprächen als Zeichen des guten Willens gewertet, und sogleich wird so getan, als ob der Friedensprozeß bereits in Gang gekommen sei. Die Hast, mit der die Aufhebung des Embargos betrieben wurde, ist nur auf den ersten Blick verblüffend. Sie erklärt sich durch die vor kurzem erfolgte Aufnahme der italienischen Regierung in die Kontaktgruppe. Sie hatte erst kürzlich das gesamte serbische Telefonsystem gekauft und deshalb ein nachvollziehbares Interesse, den kürzlich auferlegten Investitionsstopp in Serbien wieder rückgängig zu machen.

Aber wie soll man das bei den anderen Nationen in der Europäischen Union verstehen? Welche Händlermentalität, welche kleinlichen Interessen entscheiden wieder einmal über wesentliche politische Fragen? Wie bereits in Bosnien handelt Europa verantwortungslos. Entgegen der Annahme, jetzt würden ernsthafte Friedensgespräche geführt, geht der Krieg im Kosovo unvermindert, ja mit größerer Intensität weiter. Doch Europa schaut weg. Die Fronten haben sich seit Beginn der Gespräche eher verhärtet als entspannt. Seit Gesprächsbeginn wurden die Lebensmittel für die Bevölkerung verknappt, die serbische Armee schießt mit Panzern, Helikoptern und Flugzeugen auf Dörfer, die nicht weit von der Hauptstadt Priština gelegen sind.

Die serbische Taktik, über neue Kämpfe zu sprechen anstatt über einen substantiellen Friedensprozeß, ist somit aufgegangen. Schon richten sich die Augen der Belgrader Planer auf Montenegro. Mit allen Mitteln wird versucht, den Wahlprozeß in der Schwesterrepublik Serbiens zu stören. Die montenegrinische Bevölkerung will die Politik Milošević' im Kosovo nicht mittragen. So bleibt dem Strategen in Belgrad auch in Titograd die Chance, die dortige legitime Führung zu stürzen. Und auch in diesem Fall wird das Ausland wieder wegsehen. Die Entscheidung der Europäischen Union kommt einem Freibrief gleich, in Montenegro und Kosovo nach Gutdünken zu walten. Erich Rathfelder