Ein Bruchteil Betreuung

■ Nur ein Viertel der 60.000 Alkoholiker in Hamburg erhält professionelle Hilfe

In Hamburg leben rund 60.000 Menschen, deren Alkoholkonsum zur Sucht geworden ist. Dazu kommen 16.000 Medikamentenabhängige, 8.000 GlückspielerInnen und einige tausend Eßsüchtige. „Nur ein Viertel dieser Männer und Frauen wird vom bestehenden Hilfsangebot erreicht“, sagte gestern Martin Hornig vom Diakonischen Werk bei der Vorstellung des ersten Suchtberichtes der Freien Träger.

Sieben ambulante Beratungsstellen haben den Bericht gemeinsam erstellt; sie alle betreuen Menschen, die süchtig nach legalen Drogen sind. Fast 85 Prozent ihrer Klientel ist alkoholabhängig, acht Prozent greifen zu Medikamenten, vier Prozent leiden unter Eßstörungen und zwei Prozent lenken ihre Schritte zwanghaft in Spielhöllen.

Und: Es werden ständig mehr. „Wenn von der Suchthilfe nur ein Teil der Leute erreicht wird, liegt das an den Kapazitäten“, so Raymond Pfister von der niedrigschwelligen Kontaktstelle Park-In. Bei dem Anlaufpunkt in Billstedt stieg die Nachfrage in den vergangenen fünf Jahren um 40 Prozent – bei gleichbleibendem Personalschlüssel. Eine Ausweitung des Angebotes sei deshalb zwingend notwendig.

Bisher beschäftigt das Park-In unter anderem zwei Streetworker. Wenn sie am Hauptbahnhof auftauchen, brauchen sie sich nicht mehr vorzustellen. „Peter“ und „Klaus“ seien bekannt dafür, daß sie „niemanden bekehren wollen, aber für alle Probleme zur Verfügung stehen“, so Raymond Pfister.

Rund 4000 Süchtige aus dem legalen Bereich werden von den 140 Selbsthilfegruppen in der Hansestadt erreicht, hat Wiebcke Schneider von den Guttemplern errechnet. Die Arbeit, die dahintersteht, wird hauptsächlich von Ehrenamtlichen geleistet. „Wer bei uns arbeitet, bringt noch Geld mit“, so Schneider bitter, „sonst könnten wir oft die Miete nicht bezahlen“.

Unter diesen Umständen wird das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, den Alkoholkonsum in den Mitgliedsstaaten in den kommenden Jahren um 25 Prozent zu senken, kaum zu erreichen sein.

Lisa Schönemann