Chill out für Technokids

■ Neues „Party Project“ klärt Jugendliche über Safer-Use von Glückspillen auf

Frische Äpfel liegen in Kartons, zwischen bunten Kondomen und bunten Infozetteln: Der übriggebliebene Proviant der ersten Tour vom neuen Bremer „Party-Infomobil“, das auf der Breminale zum ersten Mal im Einsatz war. Denn da war am vergangenen Samstag „Global Trance Party“ angesagt – und somit genau die Zielgruppe unterwegs, auf die es das neue Mobil abgesehen hat: Die Techno-Kids und Glückspillenuser zwischen 13 und 25 Jahren.

Das Party-Infomobil ist Teil des brandneuen Bremer „Party Projects“, das jede Menge Infoangebote für junge „Raver“ und „User“ geplant hat – und jetzt vom Sozial- und Bildungsressort auf zwei Jahre befristet und ausgestattet mit 20.000 Mark auf den Weg gebracht wurde. In Berlin, Frankfurt und anderen Städten sind solche Projekte allerdings schon seit Jahren in der Szene unterwegs. „Erstaunt“ war Projektfrau Lu (23) denn auch, „daß die Bremer Drogenleute bislang keinen Kontakt zur Szene hatten“. Dabei geht der Bremer Drogenbeauftragte Ingo Michels immerhin von bis zu 400 Usern in Bremen aus, die regelmäßig zu synthetischen Drogen wie Ecstasy oder Speed greifen. Und tatsächlich zeigte die erste Probefahrt auf der Breminale: Die Szene ist da und sie hat jede Menge Infobedarf.

Über 60 Kiddies rissen dem Projektteam von Lu, Carmen (28) und Matthias (26) die mitgebrachten Infozettel aus der Hand. „Wir hatten gar nicht genug dabei“, erzählt die Diplom-Psychologin Carmen. „Die Leute wollen total viel wissen“, sagt die Projektfrau – vor allem über die Mischwirkung unterschiedlicher Pillen. Denn Tatsache ist: „Es gibt nicht den reinen Konsumenten“, sagt der Sozialpädoge Matthias. „Ecstasy wird für die Gefühle genommen, LSD für die Farben, Speed dann zum Wachbleiben und Kokain fürs Ego reingeworfen“, weiß er.

Dramatische Todesfälle oder besondere Einweisungen in Bremer Krankenhäusern habe es zwar noch nicht gegeben, weiß der Drogenbeauftragte Ingo Michels. Doch wer sich „immer wieder alle möglichen Pillen reinwirft, muß eben ein paar Dinge beachten“, weiß Lu: Zum Beispiel über neu auf dem Markt auftauchende Drogen wie das Narkosemittel „Ketamin“ informiert sein, das Herzrasen oder Erinnerungslücken verursacht. „Jeder Ketaminkonsum birgt Risiken. Informationen helfen, die Risiken besser einzuschätzen. Wer sie ausschließen will, nimmt kein Ketamin,“ heißt es in einem Project-Infoblatt.

Kein „erhobener Zeigefinger“ – das ist die Hauptdevise beim Party Project. „Und im Vordergrund steht die Party“, erklärt Carmen. Kondome will das Team deshalb künftig in Discotheken von ihrem Infomobil aus verteilen – damit im Drogenrausch der Sex auch „safer“ noch Spaß macht. Und Wasser und Obst soll es auch geben, zum Chill out für einen langen Partyspaß. Pillentests wird es aber nicht geben, „das ist noch juristisch problematisch“, erklärt der Drogenbeauftragte. „Jetzt brauchen wir nur noch Leute aus der Szene oder ehemalige User, die bei uns mitmachen“, sagt Carmen. Und einen Teppich und Schreibtisch für die frisch renovierten Party-Project-Räume im Haus der Naturfreundejugend in der Buchtstraße.

Katja Ubben

Das Party Project sucht Kontakt zur Szene und zu Veranstaltern. Infos unter Tel.: 33 99 334 oder in der Buchstraße 14, jeden Di. und Do., 15 bis 18 Uhr.