Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Air Bud – Champion auf vier Pfoten USA 1996, R: Chalres Martin Smith, D: Michael Jeter, Kevin Zegers

„Die neueste Konkurenz für Basketballstar Michael „Air“ Jordan heißt „Air“ Bud, hat glänzendes Fell, eine feuchte Schnauze und ein unheimliches Ballgefühl. Nette Komödie, aber auch nicht mehr.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, Passage (Del)

Anastasia USA 1997, R: Don Bluth, Gary Goldman

„Den Angriff auf Disney, denn nichts anderes ist „Anastasia“, hat sich das Hollywood-Studio „20th Century Fox“ einiges kosten lassen. So ganz aufgegangen ist die Rechnung (noch) nicht; „Anastasia“ hat in den USA so gerade einmal die Produktionskosten hereingeholt. Verstecken muß sich das Trickmärchen vor den Produktionen der Erben von Onkel Walt aber nicht. Die Zutaten stimmen: ein bißchen Poesie, ein wenig Legende, viel Märchen und Kitsch und jede Menge Gefühl und Romantik, abgeschmeckt mit einem Hauch Historie. Die Geschichte der jungen Anya, die – verfolgt vom Bösewicht Rasputin – beweisen muß, daß sie die verlorene Zarentochter ist, hat alles, was auch jeden Disney-Film auszeichnet. Bleibt nur die Frage, wer sich für diese romantisch-harmlose Liebesmär interessiert.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX

An Evenig With Portishead Großbritannien/USA 1997, R: Dick Carrutherd / Originalfassung ohne Untertitel

"Portishead ist bekannt dafür, Songs wie Soundtracks zu machen, da lag es nahe, ihr Zusammentreffen mit einem 30köpfigen Orchester auch auf 35mm-Zelluloid zu bannen. Die kalte Grazie Beth Gibbons singt ihren weißen Blues, der Trip-Hop heißt, und das Kamerateam schaut den konzentrierten Fusionisten von neuzeitlicher Musikproduktionseinheit und klassischem Klangkörper neugierig über die Schulter. Näher kann man den Unnahbaren auch bei einem echten Konzert nicht kommen.“ (tip) Kino 46

Auf der Jagd USA 1998, R: Stuart Baird, D: Tommy Lee Jones, Wesley Snipes

„Auf der Jagd“ wird als Fortsetzung der Doktor-Kimble-Saga „Auf der Flucht“ angepriesen, ist eigentlich aber eine Spiegelung derselben Geschichte: Wieder ist ein aufrechter Mann (Wesley Snipes) fälschlicherweise eingebuchtet, wieder kann er fliehen und wird von einem hartleibigen Marshall gehetzt. Diesmal aber ist der Marshall (Tommy Lee Jones) zum Star des Films auserkoren. Selbst Regisseur Stuart Baird fällt es schwer, Sympathie für den Menschenjäger zu entwickeln, der einen Unschuldigen vor Gericht bringen will - und dieses Dilemma versucht sein Film mit einer wirren Verratsplotte zu vertuschen. Erfolglos. Wann immer sich Jäger und Gejagter raufen, möchte der Zuschauer ihnen zurufen: Jungs, vertragt euch. Ihr seid die Guten. Und so etwas killt jeden Thrill.“ (Der Spiegel) CinemaxX

B

Besser geht's nicht USA 1997, R: James L. Brooks, D: Jack Nicholson, Helen Hunt

„Leute, die Metaphern benutzen, können mir den Schritt schamponieren“ – O ja, Melvin Udall (Jack Nicholson) ist ein wahres Herzchen! Das läßt er Leute spüren, die auf seinem angestammten Platz im Restaurant sitzen, ihn fragen, wie's ihm geht oder einfach nur im Weg sind. Drei „Golden Globe“-Auszeichnungen (für Nicholson, Hunt und die Beste Komödie) lassen erahnen, wie gut diese hundsgemeine, herzerweichende Liebesgeschichte ist. Absolutes Highlight bleibt aber Jack Nicholson als „Rain Man“ mit mieser Laune, zweifellos eine dankbare Rolle, die ihm perfekt paßt. Eigentlich ist dem Titel nichts hinzuzufügen: Besser geht's nicht!“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol) / Im CinemaxX auch in der Originalfassung ohne Untertitel

Biester Frankreich/Deutschland 1995, R: Claude Chabrol, D: Sandrine Bonnaire, Isabelle Huppert

„Mit dem neuen Dienstmädchen zieht auch Claude Chabrol ins Haus der wohlhabenden Fabrikantenfamilie. Diskret fährt die Kamera durch endlose Raumfluchten, eckt niemals an. Ruhige Einstellungen und flüssige Montage entsprechen dem gediegenen Lebensstil. Gerade die Stimmigkeit erzeugt Unstimmigkeit. Das ist die Kunst Claude Chabrols: eine Vollkommenheit, die stets ins Gegenteil umzukippen droht. Das tautologische Konzept schreit nach Katastrophe, auf leisen Sohlen kommt sie angeschlichen. Wie immer schlägt Chabrol das Bürgertum mit den eigenen Waffen.“ (tip) Gondel (am 7. Juni)

Blue Note – A Story of modern Jazz Deutschland 1997, R: Julian Benedikt / Originalfassung mit Untertiteln

„Wenn man jeden Tag Juwelen zu seinen Füßen liegen sieht, lernt man ihren Wert nie zu schätzen!“ - so beschreibt ein schwarzer Musiker in diesem Film das Verhältnis der US-Amerikaner zum Jazz. Tatsächlich waren es immer die Europäer, die diese einzige originäre Kunstform der USA als solche erkannten und förderten. Etwa die beiden jüdischen Emigranten Alfred Lion und Frank Wolff aus Deutschland, die in New York das „Blue Note“ Label gründeten, auf dem fast alle Stars des modernen Jazz epochale Aufnahmen machten. „The Band must schwing!“ war ihre einzige Direktive bei diesen recording-sessions, und tatsächlich verbindet neben einem immer präsenten Blues-Feeling der warm pulsierende Swing die frühesten Aufnahmen des Films von Bud Powell mit den ganz aktuellen der Vokalistin Cassandra Wilson. Und diesen durchgehenden Groove hat der deutsche (!) Filmemacher Julian Benedikt mit seinem musikalisch, jazzigen Schnitt gut getroffen. Doch am meisten überzeugt das immense und extrem gute Material, das Benedikt in den Archiven von „Blue Note“ fand. Eine Filmsequenz, in der Thelonius Monk's Schweiß auf sein Piano tropft, die wunderbaren Schwarzweißphotographien von Frank Wolff, die graphisch so originellen Plattencover von Reid Miles. Man müßte schon ein sehr tölpeliger Filmemacher sein, um aus all dem keinen schicken Film mit Schwing zu machen, der nebenbei (wie es der Untertitel verspricht) eine Geschichte des modernen Jazz erzählt. (hip) Schauburg, Casablanca (Ol)

Butcher Boy USA/Irland 1997, R: Neil Jordan , D: Stephen Ream, Fiona Shaw

„Francie Brady steht ständig unter Strom. Für den Halbwüchsigen verschmelzen zur Zeit der Kuba-Krise Fiktion und Wirklichkeit. Als er in seinem irischen Heimatdorf eine verhaßte Nachbarin als Außerirdische identifiziert, die für all das Unglück, das ihm widerfahren ist, verantwortlich sein soll, ist die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Neil Jordan erzählt seine Groteske, in der das Tragische immer auch komische Züge hat, mit surrealistischen Untertönen und bösem Witz. Dabei verläßt er nie die Perspektive des jugendlichen Helden, dessen aggressiv-provokantes Auftreten eine direkte Attacke gegen den Zuschauer ist.“ (tip) Europa / Originalfassung ohne Untertitel im City

C

Chappaqua USA 1966, R: Conrad Rooks, D: Jean Lois Barrauld, William S. Burroughs, Allen Ginsberg, Ravi Shankar

„Mit einer losen Struktur, etwas Pop Art und viel Psychedelischem ist „Chappaqua“ unverkennbar ein Dokument der 60er Jahre. Aber der Film entstand noch vor der großen Zeit der Hippies, und eher als der Flower-Power-Bewegung ist seine Hauptfigur der „Beat-Generation“ der 50er Jahre zuzuzählen, zu der auch Allen Ginsberg und William S. Burroughs gehören, die im Film mitwirken. Die autobiographische Situation des Drogenentzugs, der Kern des Films, läßt eine freie Dramaturgie zu. Für die Visionen seines Protagonisten benutzt Rooks die experimentellen Techniken des New American Cinema mit Montagen und Überblendungen. Er mischt Farb- und Schwarzweißfilm und wechselt frei zwischen verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen. Die illustren Namen der Darsteller, mit denen sich der Film schmückt, sind aber etwas irreführend. Ginsberg, Ravi Shankar und Ornette Coleman haben nur kurze Auftritte. Jean-Louis Barrault als sonderbar desinteressierter Chefarzt einer Klinik weiß offenbar nicht so recht, auf was er sich eingelassen hat und spielt seine Rolle mit amüsierter Distanz. Doch Burroughs beeindruckt als dämonischer „Opium Jones“, nicht zuletzt durch seine unnachahmliche Stimme. „Chappaqua“ wurde in Deutschland bisher nie gezeigt und ist eine sehenswerte Ausgrabung.“ (epd-film) Cinema

City of Industry USA 1997, R: John Irvin, D: Harvey Keitel, Famke Janssen

„Auch ein Gangster hat seine Kümmernisse: Er sorgt sich zuweilen, wo er wohl für sein Mütterchen einen Altersheimplatz findet. Im übrigen tun die Gangster auch in diesem ungewöhnlichen Gangsterfilm, was man von ihnen erwartet: Erst berauben sie gemeinsam einen Diamantentransport, dann zerfleischen sie einander im Streit um die Beute; die Polizei hat dabei nichts zu tun. Dem aus Schottland stammenden Regisseur John Irvin, der schon vielerlei, doch wenig Spezifisches gemacht hat, ist mit „City of Industry“ ein dreckig realistischer Los-Angeles-Thriller gelungen: Wieder einmal ist Harvey Keitel das Zugpferd einer aufregenden Ballerballade, und wo er sich ins Zeug legt, ist es die Mühe wert.“ (Der Spiegel) Filmstudio

Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger

Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Man könnte sich zwar auch eine schön böse Tragikomödie von Helmut Dietl vorstellen, die dem raffinierten Witz ihrer Lieder sicher näherkäme, aber bei Künstlerbiographien mit solchen Pflichtzutaten wie „Aufstieg und Fall“, den Greatest hits und Schauspielern, die den Originalen möglichst ähnlich sehen, stört zuviel Originalität nur. Und im großen und ganzen hat Vilsmaier auch alles richtig gemacht. Die böse Pointe, daß die arischen Bandmitglieder ihre jüdischen Partner nach deren Emigration in die USA wegen Verdienstausfalls verklagten, verschweigt er uns, um damit nicht den rührenden Abschied am Bahnhof zu verderben, bei dem die schöne junge Frau sich dann doch noch für das richtige Bandmitglied entscheidet. Nur die Diskrepanz zwischen dem eher schwerfälligen Film und der leichtfüßigen Musik der Comedian Harmonists irritiert etwas: dies ist der kleine grüne Kaktus in Cinemascope. (hip) City

D

Deep Impact USA 1998, R: Mimi Leder, D: Robert Duvall, Tea Leoni, Maximilian Schell, Morgan Freeman

„Mit einem Kometen, der auf die Erde zustürzt, droht der Menschheit, wenn sie Pech hat, etwa dasselbe Malheur wie den Dinosauriern vor 65 Millionen Jahren. Für ein Kinoszenario jedoch erweist sich diese Weltuntergangsdrohung als wenig aufregend und geradezu lächerlich banal: Hollywood-Weichkäse also, so gut wie mancher andere, der nicht einmal in den Gemütern von Katastrophenfreaks einen tiefen Einschlag („Deep Impact“) verursachen wird. Diesmal kommt, alles andere als überraschend, die Menschheit mit einem blauen Auge davon, doch der nächste Riesenkomet aus Hollywood wird unter dem Titel „Armageddon“ schon in zwei Monaten in den deuschen Kinos einschlagen.“ (Der Spiegel) Cinemaxx, UT-Kinocenter, Ufa-Palast, Lichtspielhaus (Del), Solitaire (Westerstede), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Desperate Measures USA 1998, R: Barbet Schroeder, D: Andy Garcia, Michael Keaton

„Der Titel lügt nicht. Die Maßnahmen sind wirklich recht verzweifelt, die Andy Garcia in diesem Thriller ergreift. Leider auch die des Regisseurs Barbet Schroeder. Mit Polizist Frank Connor (Garcia) möchte man nicht tauschen: Der einzige Mensch, der die passende DNA besitzt, um seinem Sohn das lebensnotwendige Knochenmark zu spenden, ist der verurteilte Massenmörder Peter McCabe (Michael Keaton). McCabe, eine hochintelligente Mischung aus Hannibal Lecter und Chales Manson, lehnt zunächst ab. Natürlich willigt er später ein, natürlich nutzt er die erstbeste Gelegenheit zur Flucht, natürlich wird er bald von einer Hundertschaft gejagt. Was als durchaus vielversprechendes Psycho-Kräftemessen beginnt, wird schnell zum konventionellen, vorhersehbaren Action-Thriller – bei weitem zu konventionell für einen Könner wie Schroeder.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, Muwi (Ol)

F

Ferien auf Saltkrokan Schweden 1962, R: Olle Hellbom, D: Torsten Lilliecrona, Louise Edlind

„Kinderfilm nach Astrid Lindgren. Das Alltagsleben der Bewohner der Insel Saltkrokan wird im Sommer nicht unwesentlich von den Feriengästen geprägt. Auch Tjorven, ein aufgewecktes Mädchen, hat mit ihnen zu tun, z.B. den Kindern einer Familie, die schon jahrelang auf die Insel kommt. Immer zu Streichen aufgelegt, sorgt Tjorven für mancherlei Abenteuer.“ (Lexikon des internationalen Films) Gondel

Firestorm - Brennendes Inferno USA 1997, R: Dean Semler, D: Howei Long, Scott Glenn

„Es gibt schon saucoole Filmslogans, „Bekämpfe Feuer mit Feuer“ gehört nicht dazu. Aber so ist die Story nun mal: ein Feuer wird gelegt, ein Feuerwehrheld bekämpft es mit einem neuen Feuer. Lau!“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast

Flubber USA 1997, R: Les Mayfield, D: Robin Willams, Marcia Gay Harden, Christopher McDonald u.a.

„Eigentlich müßte Flubber bei uns Flummi heißen: Fliegendes Gummi ist der Star dieser Disney-Komödie. Die neueste Erfindung von Professor Brainard (Robin Williams) birgt ungeahnte Talente; hundertfach vervielfältigt, legt die grünlich-schleimige Substanz einen flotten Mambo aufs Parkett und geht ab wie eine Rakete, wenn man sie anschubst. Das schreit nach bösen Buben, die die Wundermasse zu Geld machen wollen ... Immer wieder versucht Disney, mit Remakes erfolgreicher Komödien Kasse zu machen. Die klingelt bei der Neuauflage von „Der fliegende Pauker“ auch lautstark, schließlich handelt es sich um wohl kalkulierte, amüsante Familienkurzweil.“ (TV Spielfilm) CinemaxX

Fünf Freunde in der Tinte Deutschland/Dänemark 1970, R: Katrin Hedman, D: Lone Thielke, Mads Rahbeck

„Zwei Mädchen und zwei Jungen, mit ihrem Schäferhund auf Ferientour, beteiligen sich mit detektivischem Eifer und Spürsinn an der Aufklärung einer Kindesentführung. Verfilmung eines vielgelesenen Jugendbuches, in der sich Unterhaltung und Spannung ausgewogen mischen.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

Frau Rettich, die Czerni und ich Deutschland 1998, R: Markus Imboden, D: Iris Berben, Jeanette Hain, Martina Gedeck

„Wenn deutsche Filme ihre Figuren ins Chaos stürzen wollen, schicken sie die Ärmsten auf Reisen. Meist bricht fern der Heimat das Auto zusammen, die supersauberen Yuppies kriegen Schweißflecken unterm Arm, und in der Glut des Südens steigt ihr Hormonspiegel: Amore und Krach. Daß dieses Reisemotiv ein spießiges Überbleibsel aus Caprifischer-Tagen ist, kann die Verfilmung von Simone Borowiaks Roman nicht verhehlen. Drei Frauen unter spanischer Sonne, an ihrer Seite ein paar Kerle (fast filmrettend: Olli Dittrich) und der obligate Filmschwule (Dirk Bach) – und schwupp ist die Klamotte fertig. Zielgruppe: alle, die Pauschalreisekataloge für Literatur halten.“ (Der Spiegel) UFA-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos

From Dusk Till Dawn USA 1996, R: Robert Rodriguez, D: Quentin Tarantino, Harvey Keitel, George Clooney

Für seinen Soulbrother Rodriguez holte Tarantino sein allererstes Skript aus der Schublade, überarbeitete es und spielt zu allem Überfluß auch noch eine der Hauptrollen. So kann man nun unmöglich sagen, wer von den beiden hier für welchen Blutfleck verantwortlich ist. Auch wenn Rodriguez noch so rasant scheidet, verliert man in der zweiten, mexikanisch-vampiristischen Hälfte des Films schnell die Übersicht und das Interesse daran, wer schon untot ist und wer noch ungebissen auf alle anderen eindrischt. (hip) CinemaxX

G

Gabbeh (Persischer Teppich) Iran 1996, R: Mohsen Machmalbaf, D: Abbas Sayahi, Shaghayegh Djodat / Originalfassung mit Untertiteln

„Machmalbafs 1996 entstandener Film „Gabbeh“ überrascht durch seine Märchenhaftigkeit. Aber ein Film, der im Iran entsteht, kann nicht apolitisch sein. Schon gar nicht, wenn ihn der kritischste der damaligen Vertreter der Iranischen Kulturrevolution gedreht hat. Der Ästhetik des Doppelbödigen ist er mit Gabbeh treu geblieben, obwohl er ursprünglich einen Dokumentarfilm über die Gashgai-Nomadenstämme plante, die mit ihren Schafherden den Südosten Irans durchwandern. Im Rhythmus der Schafszucht und Schafschur ist ihr Leben den Gaddeh gewidmet, den Teppichen, die ihre Frauen weben. Die Teppiche greifen die Erzählung der Jahreszeiten auf. Die Natur, die der Film ablichtet, verdichtet sich in den Händen eines Protagonisten zur Laut-Malerei, die Erzählung vom Sammeln und Auskochen der Pflanzen färbt auf den Film ab. Natur und Kunst erkennen einander als Stilmittel im farbenprächtigen Verzeichnis der Landschaft, des Gabbehs - und des Films.“ (Frankfurter Rundschau) Kino 46

Good Will Hunting USA 1997, R: Gus van Sant, D: Matt Damon, Robin Williams

„Der junge Will Hunting jobbt als Putzhilfe an der Uni. Nachts löst er dort nebenbei die schwierigsten Mathematik-Aufgaben, die auf der Tafel noch übriggeblieben sind. Professor Lambeau erkennt das Genie, das in dem Jungen steckt. Doch der wilde Will aus der Vorstadt prügelt sich lieber mit seinen Arbeiter-Kumpels. Des Lehrers letzte Hoffnung ist sein einstiger College-Kollege Sean McGuire, ein Psychiater-Freak. Zwischen dem traumatischen Teenie und dem schrägen Therapeuten entwickelt sich ganz langsam eine Vater-Sohn Freundschaft. “ (Bremer) CinemaxX (OmU)

H

Harry außer sich USA 1997, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Robin Williams, Kristie Alley

Der Originaltitel ist Programm bei Woody Allens neuem Film. In „Deconstructing Harry“ nimmt er sein Alter ego, den altbekannten Stadtneurotiker, so konsequent und gnadenlos auseinander wie noch nie vorher. Vor allem wagt er es, in der Rolle des alkoholsüchtigen, manipulativen und egozentrischen Schriftsteller Harry zum ersten Mal, einen unsympathischen Protagonisten zu spielen, den auch seine Witze nicht vor den Abgründen seiner Psyche retten können. Und auch die traditionelle Dramaturgie dekonstruiert Allen hier radikal. Der Film ähnelt noch am ehesten einem komplexen Spiegelkabinett mit 85 Sprechrollen und so unterschiedlichen Erzählebenen wie Familienszenen, Rückblenden in seine Jugend, Alpträumen und Ausschnitten aus den von Harry geschriebenen Büchern. Etwa in der Mitte des Films beginnen dann sogar seine Romanfiguren gegen ihren Autor zu rebellieren. So viele gute one-liner sind selbst in einem Allen-Film selten und die visuellen Gags stehen den verbalen in nichts nach. So spielt Robin Williams in einer wunderbar kafkaesken Episode einen Filmstar, der immer unschärfer wird, und wir sehen ihn tatsächlich als verschwommenen Fleck durch die Szenen wandern. So böse, kompromißlos und originell war Allen schon lange nicht mehr. (hip) Gondel, UT-Kinocenter, Casablanca (Ol)

I

Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast USA 1997, R: Gim Gillespie, D: Jennifer Love Hewitt, Sarah Michelle Gellar

„Nach einer wilden Party brausen die Teenie-Helden: Julie, Helen, und ihre Freunde Barry und Ray im BMW von Barrys Dad durch die Nacht. Als sie einen Landstreicher überfahren, beschließen sie, den Toten in die benachbarte Bucht zu werfen. Ein Jahr später bekommt jeder der vier einen Brief mit dem Satz: „Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast“. Ein blutiger Alptraum beginnt... Nicht ganz so clever und selbstironisch wie „Scream“ und „Scream 2“, doch mit schnuckeligen TV-Stars, reichlich Schockmomenten und mörderisch gutem Soundtrack.“ (TV Spielfilm) UT-Kinocenter

J

Jackie Brown USA 1998, R: Quentin Tarantino, D: Pam Grier, Samuel L. Jackson, Robert De Niro

„Was machen Kult-Filmer nach dem Mega-Hit? Sie backen bewußt erstmal kleinere Brötchen. Auch Trendmeister Tarantino entgeht der Versuchung, „Pulp Fiction“ krampfhaft zu überbieten. Statt dessen kocht er „Jackie Brown“ auf Sparflamme. Ein kleiner Krimi von Elmore Leonard („Schnappt Shortie“), in dem eine pfiffige Stewardeß fürs FBI einen Waffenhändler überführen soll. Die Hauptrolle spielt Pam Grier, jene Blaxploitation-Queen aus den 70er Jahren, das nette schwarze Mädel in rassistischen Ramsch-Serien. Den endlos quasselnden Waffenhändler gibt „Pulp“-Bube Samuel L. Jackson, dem als trotteliger Partner Robert De Niro zur Seite steht. QT-Fans werden schockiert sein über das Fehlen von Gewalt: Nur vier Leichen pflastern seinen Weg, nur einmal spritzt Hirn über die Windschutzscheibe. Dramaturgisch präzise und mit gewohnt lässigen Dialogen entwickelt Tarantino sein skurriles Figurenkabinett.“ (Bremer) CinemaxX, Casablanca (Ol)

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“ (Der Spiegel) Cinema

K

Kiss or Kill Australien 1997, R: Bill Bennett, D: Frances O'Connor, Matt Day

„Elf Nominierungen und schließlich fünf Auszeichnungen vom Australian Film Institute - mit diesen Referenzen wirbt „Kiss or Kill“ um Zuschauer für seine Geschichte um ein kriminelles Pärchen auf der Flucht vor Vergangenheit, Cops und einem zu allem entschlossenen Päderasten. Ein vermeintlich verstaubtes Szenario, das durch unverbrauchte Hauptdarsteller, eine nicht beliebig eingesetzte, sondern bewußt die Psyche der Figuren spiegelnde Jump-Cut-Schnitt-Technik und einen subtil ironischen Ton frischer wirkt als andere, sich gewichtiger und pompöser gebende Vertreter des Genres. Vertrauen und Täuschung sind zentrale Themen dieses recht lebendig wirkenden, unverkrampften Films. Mat Day und Frances O'Connor überzeugen in der Kompromißlosigkeit ihrer Beziehung als Identifikationsfiguren jenseits aller Stereotypen.“ (Blickpunkt: Film) Schauburg

Die kleine Zauberflöte Deutschland 1997, R: Curt Linda

„Er wird es nicht leicht haben, der Zeichentrickveteran Curt Linda (“Das kleine Gespenst“) mit seiner Trickversion der gleichnamigen Mozart-Oper. Im Vergleich zur geballten Animation aus Übersee wirkt sein Märchen auf angenehme Art altmodisch - fast wie ein Scherenschnitt.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast

Kundun USA 1997, R: Martin Scorsese, D: Tenzin Thuthob Tsarong, Sonam Phuntsok

„Martin Scorseses Darstellung der Jugendjahre des Dalai Lamas beginnt wie ein gebieterischer John Ford-Western mit einem einsamen Reiter, der die öde Weite von Tibet durchreist, auf der Suche nach einem kleinen Jungen, der die jüngste Reinkarnation des Buddahs ist. Scorsese ist besonders mutig, wenn er das exotische Thema ohne die dramaturgische Krücke eines westlichen Reisenden behandeln, der alles schön für das Publikum interpretiert. Scorses ließ sich von den Mandalas inspirieren, die die Mönche mit bunt glänzendem Sand zeichnen. Visuell ist dies wohl sein schwelgerischstes Werk seit „Raging Bull“.“ (The New Yorker) Atlantis

L

Das Leben ist ein Spiel Frankreich/Schweiz 1997, R: Claude Chabrol, D: Michel Serrault, Isabelle Huppert

„Rien ne va plus? Von wegen, bei Claude Chabrol geht immer mehr. Auch in seinem 50. Film zeigt der mittlerweile 67jährige Klassiker des französichen Kinos, daß er wie eh und je zu den Meistern seines Fachs zählt. Nach selbst verfaßtem Drehbuch schickt er zwei seiner Lieblingsschauspieler in ein krimikomödiantisches Fondue für Feinschmecker. Isabelle Huppet und Michel Serrault bilden ein erfolgreiches Gaunergespann, das sich mit raffiniertem Trickbetrug das eigene Portemonaie füllt. Mit pointierten Dialogen, dreisten Wendungen und sogar einer schweißtreibenden Folterszene zu Opernmusik würzt er sein skurriles Jubliäumswerk um ein schrulliges Betrügerpaar, das sich in seinen Bluffs verheddert und erfahren muß, daß eine Stricknadel auch ins Auge gehen kann.“ (Bremer) Filmstudio

Live Flesh Spanien/Frankreich 1997, R: Pedro Almodovar, D: Liberto Rabal, Jasier Bardem, Francesca Neri

„Aus der Perspektive eines Hurenhauses lassen sich auch den bitteren Jahren des Franco-Regimes noch grell-bunte Seiten abgewinnen. Langsam gleitet die Kamera durch die neonschrille Welt der Puffmutter Donja Cento, bevor sie vom Sog gellender Schreie angezogen wird: Eines der Mädchen windet sich mit spanischem Temperament unter Wehen; den Weg ins Krankenhaus wird sie nicht mehr schaffen. Nichts verläuft in diesem Film so wie es sein sollte, wie irgendjemand es sich wünscht oder erwartet. Das Leben bei Almodovar ist voller Umwege und Zufälle. „Live Flesh“ ist ein Melodram im Spannungsfeld von griechischer Tragödie und spanischer Farce. Die Schicksale all der Menschen, die sich hier so scheinbar beiläufig in Wohnungen, auf Friedhöfen, in Kindergärten begegnen, sind eng miteinander verstrickt. Nichts geschieht hier einfach nur spontan und unschuldig. Hinter den schrillen Oberflächen eines klassischen Almodovar-Films tun sich die stillen Abgründe nuancenreicher Gefühle und doppeldeutiger Leidenschaften auf.“ (epd-film) Schauburg, Atelier

M

Der Mann mit der eisernen Maske USA 1998, R: Randall Wallace, D: Leonardo DiCaprio, Jeremy Irons, John Malkovich; Gerard Depardieu

„Bei „Titanic“ war das Eis sein Schicksal, jetzt spielt Leonardo DiCaprio selbst einen Eisberg: den jugendlichen Louis XIV., der seinen Hofstaat demütigt, das Volk hungern läßt und diverse Hofdamen flachlegt. Schlimm, schlimm, findet Übervater d'Artagnan, und prompt erwachen auch die anderen Musketiere aus dem Vorruhestand. Zwar sagen sie weiter brav ihre Kalendersprüche auf, ersinnen aber einen Plan, den bösen König gegen dessen Zwillingsbruder (DiCaprio zum zweiten) auszutauschen. Der langweilt sich in einem Kerker, hat darüber hinaus eine Maske vor dem Gesicht – vielleicht ganz praktisch während der Pubertät, auf die Dauer aber recht lästig. Also weg mit dem Ding und dem fiesen Bruder, der Thron ruft!“ (Der Spiegel) UT-Kinocenter

Mary Poppins USA 1994, R: Robert Stevenson, D: Julie Andrews, Dick van Dyke

„Einer der besten Kinderfilme überhaupt! „Mary Poppins“ ist ein perfektes und originelles Musical mit einer zeitlosen Geschichte, eine fehlerlose Mischung aus Realfilm und Zeichentricksequenzen, wunderschönen Songs und einem Drehbuch, das den Charme des Kinderbuchs ins andere Medium herüberrettet. Als Kindermädchen gleitet Mary Poppins aus dem Himmel zu zwei Kindern hinab und benutzt dabei ihren Regenschirm als Fallschirm. Die Kinder merken bald, daß dies keine gewöhnliche Gouvernante ist, denn während sie ihnen gutes Benehmen beibringt, unternimmt sie mit ihnen eine Reihe von fantastischen Ausflügen.“ (Baseline) Atlantis

Mäusejagd USA 1997, Gore Verbinski, D: Nathan Lane, Lee Evans

„Die Brüder Ernie und Lars Smuntz erben eine Fabrik, ein Haus und eine Maus. Die Fabrik scheint den Brüdern wertlos zu sein, das Haus aber wollen sie versteigern; nur die Maus muß raus. Der Werbefilmer Gore Verbinski nutzt diesen einfachen Plot, um zu zeigen, was er so alles kann. Aber nach der zehnten überrraschenden Kamerafahrt ist die „Tom und Jerry“-Dramaturgie verbraucht, und auch die Maus fängt irgendwann an, höllisch zu nerven.“ (tip) UT-Kinocenter, Schauburg, CinemaxX

Das Mercury Puzzle USA 1998, R: Harold Becker, D: Bruce Willis, Miko Hughes, Alec Baldwin

„Viele Fragen bleiben offen nach Harold Beckers letzlich enttäuschendem Thriller mit Starbesetzung. Der neunjährige Autist Simon knackt den geheimen Zugangscode zum noch geheimeren „Mercury-Programm“. Wie? Anscheinend stand der Code in einem Kreuzworträtselheft, natürlich verschlüsselt. Warum, bleibt offen. Um die weitere Verbreitung des Codes zu verhindern, schickt Lt. Colonel Kudrow (Alec Baldwin) sein Spezialisten los. Auftritt FBI-Agent Art Jeffries (Bruce Willis), der den kleinen Codeknacker beschützen will. Obwohl streckenweise nicht unspannend, mißlingt dem Drehbuch der Spagat zwischen „Der einzige Zeuge“, „Rain Man“ und so ziemlich jedem Actionstreifen mit Bruce Willis. Nichts gegen den „Stirb langsam“-Star, aber wie oft wollen wir Willis noch mit gezogener Pistole um Häuserecken lugen sehen?“ (TV-Spielfilm) Europa, CinemaxX, UT-Kinocenter, Gloria (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol) / Originalfassung ohne Untertitel im City

Mr. Magoo USA 1997, R: Szanley Tong, Leslie Nielsen, Kelly Lynch

„Es ist bezeichnend, daß Disney in politisch korrekten Zeiten wie diesen am meisten damit zu tun hatte, die aufgebrachten Blindenverbände zu besänftigen. Am Ende des Films steht folglich ein Hinweis, nichts in „Magoo“ sei eine „akkurate Darstellung von Blindheit oder Sehschwäche“. Übersehen hat man dabei aber noch etwas: den Witz. Millionär Quincy Mogoo ist zu eitel (oder dämlich?), um eine Brille zu tragen, die er eigentlich dringend braucht. Das allein führt zu allerlei Chaos. Leslie Nielsen war mal komisch, jetzt ist er nur noch albern und stolpert durch kalmaukigen Slapstick, dem auch Regisseur Stanley Tong („Rumble in the Bronx“) nicht auf die Sprünge helfen kann.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

N

Nihavend mucize (Heirat der Wunder) Türkei 1997, R: Atif Yilmaz, D: Türkan Soray, Lale Mansur / Originalfassung mit Untertiteln

Türkischer Spielfilm, der von dem Besitzer eines Filmstudios erzählt, der an einem schlimmen Ödipuskomplex leidet. Seine Mutter hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihn davon zu heilen, indem sie sich gebärdet wie eine ganz gewöhnliche Frau. Und dies macht sie, indem sie mit seinem Geschäftspartner flirtet - mit dramatischen Konsequenzen. Schauburg

O

Octalus - Der Tod aus der Tiefe USA 1997, Stephen Somers, D: Treat Williams, Famke Janssen

„Titanic -Regisseur Cameron darf sich geschmeichelt fühlen, angesichts der Deutlichkeit, mit der sich das Seemonster-Actionspektakel „Octalus“ bei seinem Unterwasserepos „Abyss“ und nebenbei der kompletten „Alien“-Saga bedient. Herausgekommen ist ein ganz spaßiger, vorhersehbarer B-Movie-Horror mit 1a-Effekten. Die Grundkonstellation scheint wohlbekannt: ein wild durcheinandergewürfelter Haufen - ein Schmuggler, eine attraktive Diebin, mehrere schwerbewaffnete Söldner, ein zwielichtiger Reeder - sieht sich auf einem Luxuskreuzer plötzlich einer Bedrohung aus den Tiefen des Meeres ausgesetzt und muß im gemeinsamen Kampf gegen einen Killerkraken zusammenhalten - so schwer es auch fällt.“ (V. Bleek) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos

S

Scream 2 USA 1997, R: Wes Craven, D: Neve Campbell, Courtney Cox, David Arquette

„In einer der besten Szenen dieses Films wird über Fortsetzungen berühmter Filme diskutiert und warum die niemals gelingen können. „Scream 2“ ist eine Fortsetzung, und sie ist noch gelungener als ihr Vorgänger. Womit einiges über die Ironie, den Witz und die Cleverness dieses Horrorfilms von Wes Craven (Regie) und Kevin Williamson (Buch) erzählt wäre, der sein eigenes Genre spiegelt, um das Spiegelbild noch einmal zu spiegeln.“ (Der Spiegel) UFA-Palast, CinemaxX, Wall- & Ziegelhofkinos

Sieben Monde Deutschland 1998, R: Peter Fratzscher, D: Jan Josef Liefers, Katharina Zapattka

„Stringent und spannend kommt die Story eines vermeintlichen Wehrwolfs daher. Aus der für deutsche Verhältnisse extrem originellen Geschichte machte Peter Fratzscher ein unterhaltsames Kinoerlebnis, das in fast allen handwerklichen Bereichen überzeugt (nur der für die Blutflecken zuständige Ausstatter hat seinen Beruf verfehlt). Viel zu selten legen deutsche Filme soviel Wert auf Wirkung. Viel zu selten liegt ihnen aber auch einfach eine richtig gute Idee zugrunde, die das wert ist.“ (Blickpunkt: Film) CinemaxX

Der Strand von Trouville Deutschland 1997, R: Michael Hofman, D: Antje Westermann, Boris Aljinovic

„Der Strand von Trouville kommt nur auf einem Puzzle vor in diesem charmanten deutschen Liebesfilm – als Pappidylle unter blauem Himmel. Der Berliner Klavierlehrer Lukas verliebt sich in eine Fremde mit geheimnisvollem Lächeln, fährt ihren Spuren nach – und landet im tiefsten Durchschnittsdeutschland. Dort trifft er die freche Alice und ihre Freunde, die in einem Einkaufscenter jobben. Aus Realismus und skurriler Stilisierung puzzelt Regisseur Michael Hofmann diese Geschichte zusammen. Nicht alle Teile passen, aber Hauptsache, der Himmel über dem Einkaufscenter ist blau.“ (Der Spiegel) Cinema, Casablanca (Ol)

T

Tango gefällig? USA 1997, R: Martha Coolidge, D. Jack Lemmon, Walter Matthau

„Die unverwüstlichen Hollywood-Kämpen Jack Lemmon und Walter Matthau angeln sich als Eintänzer bei einer Karibik-Kreuzfahrt hüftlahm und Toupet-bewehrt die Frauen fürs Restleben. Regisseurin Martha Coolidge hält dabei Tragikomik in anrührender Balance. Romantische Rentnerküsse kontrastieren mit dem am ulkigsten mißratenen Rumba der Filmgeschichte. Um die Stars herum ein pittoresk ausgesuchtes Ensemble von Schabracken und Schlawinern.“ (tip) CinemaxX

The Gingerbread Man USA 1997, R: Robert Altman, D: Kenneth Branagh, Robert Downey jr.

„Nach Francis Ford Coppola (“Der Regenmacher“) hat sich ein weiterer Held des US-Autorenfilm an die Herausforderung Grisham gewagt, und natürlich entledigt sich der Halunke Robert Altman des Hollywood-Auftragsjobs mit der ihm eigenen List. Die Erwartung, daß Thriller drin ist, wo Grisham draufsteht, konterkariert er mit verwegenen Schlenkern in andere Genres und einer irritierenden Verschleppung des Tempos. Bei seinem eleganten Sabotage-Akt kommt Altman entgegen, daß die Vorlage – ein frühes, unveröffentlichtes Werk – nicht ganz dem Schema G entspricht. Statt eines idealistischen Jura-Ritters ist der Held hier ein skrupelloser Karrierist, der nicht den Kapitalismus bekämpft, sondern die eigene Selbstherrlichkeit. Ehe er das schafft, läßt Altman ihn ganz nett zappeln.“ (Der Spiegel) Casablanca, City

The Replacement Killers USA 1998, R: Antoine Fuqua, D: C. Yun-Fat, Mira Sorvino, Jürgen Prochnow

„Dies ist Chow Yun-fats erste Arbeit in Hollywood. Und bleibt leider nur ein Ersatzfilm, gemessen an seinen Hongkong-Meisterwerken. Da hilft es auch nicht, daß Chow, den seine „Replacement-Killer“-Kollegin Mira Sorvino „den Baryschnikow unter den Revolverschwingern“ nennt, beim Showdown 506 Kugeln aus sechs Pistolen verballert. Der granitgesichtige Killer mit Herz macht wenig Worte, die Kugeln fliegen in Zeitlupe, die Knarren werden nie alle. Der amerikanische Regisseur Antoine Fuqua hat viele Hongkong-Filme gesehen und trotzdem nichts verstanden. Ideenlos schustert er Versatzstücke zusammen. Daß seine Imitation trotzdem noch ganz anständig geworden ist, liegt vor allem an Chow Yun-fat, der Würde ins finstere Spiel bringt.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UFA-Palast

Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet

„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen - im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story. Camerons „Titanic“ ist eine suggestive Zeitreise, eine Reise auch in eine betonierte Klassengesellschaft. Den Gegensatz zwischen oben und unten, Erster und Dritter Klasse, läßt Cameron ausspielen: maliziöser Snobismus und aufgeräumtes Palaver hier, trunkener Tanz und schwitziges Armdrücken dort. Den Bildern ist keine explosive Kraft, eher eine implodierende Qualität eigen. Hierin liegt die Überraschung des Films – und sein ästhetischer Reiz. Als hätte ihm das Pathos des Themas Ehrfurcht vor der Historie aufgenötigt, läuft Camerons Special-Effect-Maschine wie gedrosselt. “ (epd-Film) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del), Wall- & Ziegelhof (Ol) / Originalfassung ohne Untertitel im UFA-Palast

Twin Town Großbritannien 1997, R: Kevin Allen, D: Llyr Efans, Rhys Efans, Dorien Thomas

„Seine walisische Heimatstadt Swansea präsentiert Regisseur Kevin Allen hier als Sündenpfuhl, komplett mit heruntergekommenen Bordellen, kitschigen Karaoke-Bars, fluchenden indischen Kellnern und netten alten Großmüttern, die süchtig nach psychedelischen Pilzen sind. Die Helden des Films sind die Brüder Julian und Jeremy Lewis, die einen Privatkrieg gegen die Unterwelt des Städtchens vom Zaume brechen und dabei so schwachsinnig, respektlos und amoralisch agieren, daß sie natürlich unbesiegbar bleiben. Sie sind Comic-Figuren, eine walisische Version von Beavis & Butthead, die von den Brüdern Llyr und Rhys Efans ohne Rücksicht auf Psychologie und Glaubwürdigkeit mit frohgemuter Garstigkeit und ständig bekifftem Blick auf die größten Lacher hin gespielt werden. (hip) Gondel, Atelier

V

Vier Geschichten über fünf Tote Deutschland 1997, R: Lars Büschel, D: Thira Walke, Sibylle Brunner, Rainer Bock

„Mit bemerkenswerter Offen- und Unvoreingenommenheit nähert sich der Film dem Tabuthema „Tod und Sterben“, wobei er mit der märchenhaften Ankunft von soeben Verstorbenen in einer Art Himmel vier Episoden verklammert. Die Neuankömmlinge in diesem „Himmel“ können durch ein Fernrohr ihrer eigenen Beerdigung zuschauen und dabei die tiefe Trauer, manche Heuchelei, aber auch so manche ausgesprochen amüsante Ungeschicklichkeit der Lebenden verfolgen. Trauer und Komik werden auf mal irritierende, mal Widerspruch herausfordernde Weise in einem letzlich tröstlichen Zusammenhang gebracht.“ (film-dienst) Cinema

W

Wag the Dog USA 1997, R: Barry Levinson, D: Robert De Niro, Dustin Hoffman

„Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt“ wäre eine sinngemäße Übersetzung des Filmtitels, und tatsächlich versuchen in dieser Politsatire ein Berater des US-Präsidenten und ein Filmproduzent genau dieses, indem sie in den Medien einen Krieg inszenieren, nur um von einem Sexskandal des Präsidenten abzulenken. Das klingt irgendwie bekannt? Kein Wunder, denn bis auf Details genau wirkt „Wag the Dog“ wie ein komisch überhöhter Kommentar auf zur Zeit aktuelle Probleme von Bill Clinton. Immer wieder müssen die Filmmacher betonen, daß der Film schon lange fertig gedreht und geschnitten war, bevor irgendjemand den Namen Monica Lewinsky auch nur gehört hatte. Und dennoch ist es kaum zu glauben. Das amerikanische Kino hat einen Narren an seinem Präsidenten gefressen. In den letzten Jahren war er schon als Retter der Menschheit („Independence Day“), Actionheld („Air Force One“), Mörder („Absolute Power“) und Trottel (diverse) auf der Leinwand zu sehen. Dies ist nun mit Abstand der scharfsinnigste und witzigste „Präsidentenfilm“. Und daß die Realität die Satire so schnell eingeholt hat, ist nur die beste Bestätigung dafür, wie treffend die Autoren Larry Beinhart und David Mamet hier die Zustände in ihrem Heimatland analysiert haben. (hip) City, Muwi (Ol)

Wunsch & Wirklichkeit USA 1998, R: Lesli Linka Glatter, D: William Hurt, Madeline Stowe, Kenneth Branagh

„Arthur Barret ist schweinereich, will Nachwuchs, kann aber nicht. Also heuert er einen jungen Mann an, der mit seiner Frau Eleanor Barret ein Kind zeugen soll. Der Samenspender, ein Harvard-Student mit ausgesucht hohem IQ, hat sich den Beginn seiner Juristenkarriere zwar anders vorgestelt, kann aber dem Geld nicht widerstehen. Nun gibt es eine Grundregel im Melodram, die besagt, daß das Herausfordern des Schicksals Unglück bringt. Das beginnt in diesem Falle damit, daß sich der Jüngling in die Dame des Hauses verliebt und die Angelegenheit damit eine Richtung nimmt, die Barrett nicht mehr kontrollieren kann. Der Film spielt im Boston der 30er Jahre und zeigt praktisch die Vorform der künstlichen Befruchtung. Er zeigt auch, daß man mit Geld zwar so einiges kaufen kann, solch ein Vorgehen aber die Familie zerstört. Dieses Drama hat eine Moral, ohne moralisch zu sein, und für jeden nicht erhobenen Zeigefinger sind wir dankbar.“ (Cinema) City

Y

Young Collection

Das Bremer Filmbüro präsentiert Kurzfilme von jungen Kinotalenten. Kino 46

Yo-Yo Ma I, II, III Kanada 1997, R: diverse, D: der Cellist Yo-Yo Ma und die Musik von Bach / Originalfassung ohne Untertitel

Der Cellist Yo-Yo Ma hat seine Neueinspielungen der sechs Suiten für unbegleitetes Cello von J. S. Bach zum Anlaß dafür genommen, um jede einzelne Suite einen Film zu basteln. Es ist, als wäre es ihm alleine mit Bach und seinem Instrument zu einsam geworden, und so suchte er sich viele verschiedene Kollaborateure für diese sehr ungewöhnliche Filmreihe. Einige Projekte schienen sich von alleine anzubieten: so die Arbeit mit dem Choreographen Mark Morris in „Falling down Stairs“, oder mit dem Kabuki-Schauspieler Tamasaburo Bando in „Struggle for Hope“. Und es bot sich auch an, den Cellisten in auf dem Computer erzeugten virtuellen Räumen spielen zu lassen, die in „The Sound of the Carceri“ von den Zeichnungen des Architekten Giovanni Battista Piranesi aus dem 16. Jahrhundert inspiriert wurden. Schon ein wenig gewagter war die Idee von Ma, basierend auf einer Bachsuite einen Garten zu gestalten. Für „The Musik Garden“ arbeitete er hierfür mit der Landschaftplanerin Julie Messervy zusammen, ihr ehrgeiziges Projekt im Zentrum von Boston blieb aber schon im Planungsstadium im Unkraut der Bürokratie hängen. Ganz und gar abgedreht ist Mas Idee, in „Six Gestures“ eine Suite von den Eislauf-Weltmeistern Jayne Torvill und Christopher Dean interpretieren zu lassen. Am besten gelungen ist dagegen „Sarabande“ von Atom Egoyan: Yo-Yo Ma spielt sich hier selber, aber er ist natürlich auch in den anderen Filmen der Star - nur die Musik von Bach stiehlt ihm manchmal die Show. (hip) Kino 46