Virtuelles Geld von Bildung für Kultur

■ Fünf Millionen Mark aus erhofftem Erlös für Schule Holter Feld

Der Lahme stützt den Blinden, aber nur mit frommen Genesungswünschen: So könnte man überschreiben, was heute die Bildungsdeputierten beschließen dürften. Das fünf Millionen Mark große Loch im Kulturhaushalt soll aus dem erhofften Erlös aus dem Verkauf des Schulzentrums Holter Feld gestopft werden. „Befristet“ sollen die Bildungspolitiker „Liquidität“ für die Kultur bereitstellen. Nach Auskunft aus dem Hause der für beide Ressorts zuständigen Senatorin Bringfriede Kahrs (SPD) handelt es sich dabei aber nur um die Lösung eines kurzfristigen haushaltstechnischen Problems. Mit dem Vorgriff auf das Bildungsgeld könne der Etat rechnerisch ausgeglichen werden.

Die Zusage der Bildungspolitiker soll nur für den Fall gelten, daß die an einer Erweiterung des Mercedes-Werks interessierte Daimler Benz AG soviel für das benachbarte Schulgrundstück bezahlt, daß daraus alle „Fehl- und Finanzierungsbedarfe“ des Bildungshaushaltes für 1998/99 abgedeckt sind. Und die summieren sich auf 25 Millionen Mark allein für 1998. Wieviel 1999 fehlen wird, ist noch unklar. Weiterhin müßte Daimler die Kosten für eine Verlagerung des Schulzentrums inklusive der Metallwerkstätten tragen.

Kritiker wie der Bürgerschaftsabgeordnete von Bündnis 90/Grüne, Helmut Zachau, vermuten deshalb, daß die Stadt letztendlich kaum Geld aus dem Verkauf des Schulgeländes übrigbehalten wird. Mercedes müßte der Kauf des nun schon mehrfach verplanten städtischen Vermögenswertes möglicherweise an anderer Stelle mit Geld der Wirtschaftsförderung versüßt werden. Bis zum Sommer, so hofft man im Hause Kahrs, sollen die Verhandlungen mit Daimler Benz abgeschlosssen sein.

Der Grüne Zachau will bei dem „Umverteilungsspiel“ von Bildung zur Kultur nicht mitmachen. Angesichts des desolaten Zustandes vieler Bremer Schulen und ungeklärter Finanzierung für Neubauprojekte werde jede Mark für die Bildung gebraucht. „Hier sollen sich zwei Hungerleider um den selben Knochen balgen“, sagt Zachau. Stattdessen sollte das Loch im Kulturhaushalt aus Mitteln der Wirtschaftsförderung ausgeglichen werden – Kultur als weicher Standortfaktor. Auch Senatorin Kahrs setzt ihre Hoffnungen auf Geld aus anderen Töpfen. Denn, so eine Beamtin aus der Ressortspitze, es ist völlig unklar, wo das Geld herkommen soll, falls das Holter Feld nicht genügend einbringt. Sowohl bei Bildung als auch bei Kultur ist „eigentlich alles zuende“. jof