Surrender horizontaler Brummkreisel

■ Das Yo-Yo ist die Chance, umsonst nach Amerika zu fliegen – zumindest für Christoph Burseg

Das Ufo wird mit der rechten Hand von der linken Schulter aus ruckartig nach unten geworfen. Es gerät in die Diagonale und trudelt kontrolliert durch die Luft. Flink tanzen die Hände durch die Luft, von rechts nach links, von oben nach unten, die Schnur immer fest im Griff. Christoph Burseg starrt sein Spielgerät an, als wolle er es hypnotisieren. Ob das Spaceship, den Time Warp oder den Small rock the baby in the Eiffel-Tower – er kann sie alle. Der Schüler aus Föhrden-Barl bei Bad Bramstedt ist der beste Yo-Yo-Spieler Deutschlands und beherrscht über 80 solcher Tricks. Und wenn er sie demonstriert, sind die einzelnen Schritte kaum noch nachvollziehbar. Dafür geht alles viel zu schnell.

Angefangen hat alles damit, daß ein Freund von ihm pausenlos Yo-Yo gespielt hat. „Der machte Tricks wie den Stern oder die Schaukel“, erinnert sich Christoph. Fasziniert von dieser Fingerfertigkeit beschloß er seinerzeit prompt, es ihm gleichzutun. Nach den ersten Übungen bekam er im Oktober vergangenen Jahres ein „wirklich gutes Yo-Yo“ zum Geburtstag geschenkt. Es war mit einer Kupplung versehen, damit es automatisch wieder nach oben schnellt, wenn die Umdrehungen in Bodennähe zu langsam werden. „Damit habe ich so viel trainiert, daß es nach einem Monat kaputt war.“

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit übt der 19jährige die korrekten Würfe und Techniken. Das Yo-Yo in der linken und mehrere Ersatzschnüre in der rechten Hosentasche sind überall dabei. „Nach zwei Stunden muß die Schnur gewechselt werden“, verdeutlicht der Zwei-Meter-Mann seinen großen Verschleiß, und ab und zu reißt schon einmal die Strippe. „Dabei habe ich einmal meine Katze getroffen“, grinst Christoph.

Zu den Hamburger Stadtmeisterschaften wollte er eigentlich nur als Zuschauer fahren. „Doch die Tricks, die da benotet wurden, konnte ich auch. Also habe ich mitgemacht und gewonnen.“ Als einer der 24 lokalen Champions qualifizierte er sich so für die Deutschen Meisterschaften in München, aus denen er ebenfalls als Sieger hervorging. Seitdem ist Christoph gefragt: Er demonstrierte schon in mehreren Fernseh-shows und beim Ball des Sports sein Können. „Bei einer Vorführung habe ich sogar den Deutschen Meister von 1956 getroffen“, berichtet Christoph von dieser zufälligen Begegnung.

Überrascht, daß es schon damals Wettbewerbe um das verflixte Ding gab, begann er sich für die Geschichte seines Sportgeräts zu interessieren. Bereits im 14. Jahrhundert wurde das „Komm-Komm“, wie es übersetzt heißt, auf den philippinischen Inseln als Waffe eingesetzt. „Nur die Schnur war natürlich wesentlich länger“, berichtet Christoph. In den 30er Jahren dieses Jahrhunderts entdeckte der amerikanische Geschäftsmann Donald Duncan das Yo-Yo in etwas abgewandelter Form als Spielgerät neu. Inzwischen hat es sich vorrangig in den USA zu einem echten Kultobjekt entwickelt.

Bei den Weltmeisterschaften in Tuszon bei Phoenix ließen Ende April Yo-Yo-Artisten aus der ganzen Welt ihre horizontalen Brummkreisel surren. Christoph schied unglücklich in der Vorrunde aus. „Es gab einige Sprachprobleme“, schildert er, „so daß ich einen der geforderten Tricks verwechselte.“ Seine Enttäuschung über den Fauxpas war jedoch nicht allzu groß, hatte doch der Veranstalter den Flug und den Aufenthalt in Arizona bezahlt. Den Titel indes verteidigte der amtierende Weltmeister Yohans van Dan Elzen aus den USA. „Mein großes Vorbild“, verrät Christoph, „der kann über 200 Tricks.“

Nicht zu unterschätzen ist nach Christophs Ansicht die Verlet-zungsgefahr beim Spielen. „Beim Looping bekommt man das Ding ganz schnell auf die Rübe.“ Besonders unangenehm sei es auch, wenn man versuche, das Yo-Yo durch die Beine zu ziehen und es dabei unsanft aufs Gemächt schlägt. Ein Suspensorium hält Christoph allerdings für überflüssig: „Schutzkleidung ist albern.“ Oliver Lück