Parlament beschließt mehr Aufgaben für Bezirke

■ Senat gibt 59 Aufgaben ab. Wieviel Personal und Sachmittel folgen, ist allerdings noch unklar

Das Abgeordnetenhaus hat gestern mit den Stimmen von CDU- und SPD-Fraktion beschlossen, den Bezirken insgesamt 59 Aufgaben zu übertragen, die bislang von den Senatsverwaltungen wahrgenommen wurden. Dazu zählen wichtige Aufgaben wie der Straßenbau und marginale Dinge wie der Katzen- und Hundefang.

Allerdings ist noch offen, in welchem Umfang Stellen und Sachmittel, die für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben erforderlich sind, an die Bezirke gehen. Diese Absicht der Koalitionsfraktionen, die gestern auch Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) bekräftigte, ist nicht Teil des Gesetzes, sondern lediglich in einem Zusatzantrag beschlossen worden. Die Senatsverwaltungen sollen bis zum Herbst berechnen, wieviel Personal und Sachmittel die Bezirke erhalten. Der bündnisgrüne Abgeordnete Norbert Schellberg äußerte gestern die Befürchtung, daß sich dieser Prüfauftrag an den Senat als „leeres Versprechen“ erweisen könne. „Nichts wäre schlimmer, als wenn die Bezirke jetzt zusätzliche Aufgaben bekämen, die notwendigen Mittel aber nicht gleichzeitig und im vollen Umfang fließen würden.“

Daß die Senatsverwaltungen mit allen Mitteln versuchen, soviel Personal wie möglich zu behalten, zeigt das Beispiel der Bauverwaltung. Den Verbleib von 1.000 Stellen bei der Hauptverwaltung sicherte man sich damit, daß Widersprüche gegen Bebauungspläne in der Kompetenz der Bauverwaltung bleiben. Als „inkonsequent und halbherzig“ kritisierte Schellberg den Koalitionsbeschluß auch deshalb, weil der Bausenator bei der Aufstellung von Bebauungsplänen mehr Möglichkeiten als bislang habe, sich in Bezirksangelegenheiten einzumischen.

Auch die Verlagerung der Meldestellen in die Bezirke ist nur als Prüfauftrag an den Senat beschlossen. Ziel sei, die Meldestellen „soweit möglich und vertretbar“ in Bürgerbüros einzugliedern, erklärte Innensenator Schönbohm. Schellberg begrüßte, daß die Koalition die Fachaufsicht der Senatsverwaltungen über die Bezirke abschaffe, kritisierte aber das statt dessen eingeführte Eingriffsrecht als zu umfassend. Eingreifen kann der Senat bereits dann, wenn dringende Gesamtinteressen Berlins berührt sind. „Damit würden die Bezirke nicht gestärkt, sondern eher entmachtet“, so Schellbergs Fazit.

Um die Erfahrungen mit den neuen Zuständigkeiten auszuwerten, soll der Senat bis zum 1. Januar 2004 einen Bericht vorlegen. Wenn dieser negativ ausfalle, könne eine Rückkehr zur Fachaufsicht erwogen werden, so der CDU-Abgeordnete Rüdiger Jakesch. Dorothee Winden