Viavagina gibt es nicht

■ Eine Viagra-Pille für Frauen? Alles nicht wahr. Aber die Medien rissen sich um das taz-Interview

Berlin (taz) – In den beiden Leverkusener Krankenhäusern läuten die Telefone ohne Unterlaß. Das ist kein Spaß, das ist nerviger Ernst für Dieter Donath und seine Kollegen in der Telefonzentrale des Klinikums. Aufgeregt fragten gestern Journalisten nach „Viavagina, dem neuen Liebesmittel“. Donath hat noch nie davon gehört. Wenigstens mit Mathilde Schaufel, die als Frauenärztin den klinischen Versuch zum Präparat leitet, will man verbunden werden. „Die gibt es hier gar nicht.“

Die Medien wollen mehr von Doktor Schaufel über die Pille wissen, die angeblich weibliche Schwellkörper anregt. In der Frühkonferenz des MDR hielt gestern eine Redakteurin das taz-Interview hoch: „Viavagina manifestiert den Niedergang der Sexualität“, soll sie gerufen haben, bevor sie einen jungen Kollegen beauftragt, die Expertin zu suchen.

Wer ist Mathilde Schaufel? Sowenig wie es in Leverkusen eine Uni-Klinik gibt, läuft unter ihrer Anleitung ein klinischer Versuch zu „Viavagina“. Alles nicht wahr: Die Droge existiert nicht. Drei taz- Frauen haben die Viagra-Welle ironisch kontern wollen.

Verbindung zu Frauenärztin Mathilde Schaufel suchen die Kolleginnen und Kollegen auch über die taz. Redakteurin Steidler von RTL-aktuell sagt, sie habe die Telefonauskunft in ganz Deutschland nach der Wissenschaftlerin fahnden lassen. Dem TV-Publikum soll die Frau vorgestellt werden, die angeblich das Potenzmittel „Viavagina“ an Frauen im klinischen Versuch testet. Schaufel „soll in die Nachrichten, noch vor Pfingsten. Am Feiertag wird sie wohl keine Lust haben, sich beruflich zu engagieren.“ Jörg Gerle vom Kölner Express weiß, daß es in Leverkusen keine Uni-Klinik gibt, trotzdem nagt der Zweifel: „Viavagina klingt zwar bescheuert, aber ich will mir nichts durch die Lappen gehen lassen.“ Vorsichtiger Mann. Ein Redakteur des Glanzblattes Neue Revue will gleich das ganze Interview über die „sensationelle Potenzdroge für Frauen“ nachdrucken. Tom Becker vom Hessichen Rundfunk bittet, Mathilde Schaufel wenigstens eine Stimme zu leihen. „Aber zum Schluß sage ich, daß es ein Scherz ist.“ Sobald es im Funk um Sex gehe, „laufen bei uns die Leitungen heiß.“ Annette Rogalla