Im Interview: Thomas Mirow
: „Arbeitsplätze zuerst“

■ SPD-Wirtschaftssenator sieht beim Mühlenberger Loch keinen Kompromiß

taz: Sie haben im Hauruckverfahren der GAL das Mühlenberger Loch als einzige Möglichkeit für die DASA-Erweiterung vorgesetzt. Ist Ihnen Ihr diplomatisches Geschick abhanden gekommen?

Thomas Mirow: Von Hauruckverfahren kann keine Rede sein. Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, daß Alternativflächen geprüft werden. Das ist geschehen, und das Ergebnis – das Mühlenberger Loch als geeignetste Fläche – liegt der Umweltbehörde und der Stadtentwicklungsbehörde vor. Es gab und gibt Gelegenheit für Rückfragen, Klärungen und Verständigungen.

Die GAL ist aber über Ihr eiliges Vorgehen sehr brüskiert.

Wir setzen die Termine nicht selber, sondern Airbus. Es war von Anfang an klar, daß wir unter einem sehr hohen Zeitdruck stehen.

DASA pfeift, Sie springen?

Wenn man sich bewirbt, muß man sich an die Regeln des Wettbewerbs halten.

Wollen Sie ein „Hamburger Garzweiler“ riskieren?

Das ist schon inhaltlich nicht vergleichbar. Es macht einen großen Unterschied, ob ich Braunkohle fördern oder das modernste Flugzeug der Welt bauen möchte.

Gefährdet ein Koalitionskrach nicht auch die Bewerbung um den DASA-Auftrag?

Wenn der Koalitionsstreit dazu führte, daß Hamburg nicht handlungsfähig wäre, dann ja.

Sehen Sie einen Kompromiß?

Ich sehe eine sachliche Lösung.

Aber wieso sollte es keine Alternativen zum Mühlenberger Loch geben?

Es gibt sie theoretisch, aber sie scheiden nach Abwägung der entscheidenden Gesichtspunkte aus.

Was ist denn mit den Flächen am Rüschkanal und auf den Westerweiden?

Im Kern sind beide Flächen zu klein und nicht kompatibel mit den betrieblichen Abläufen des Unternehmens. Bei den Westerweiden kommt ein erheblicher Anteil Privateigentum hinzu, und eine Rechtsgrundlage für Enteignungen gibt es nicht.

Laut GAL ist auch eine Entscheidung für das Mühlenberger Loch rechtlich angreifbar, denn es ist EU-Vogelschutzgebiet. Sehen sie das genauso?

Ich meine, wir hätten bei der EU-Kommission gute Erfolgschancen.

Risiko ja oder nein?

Wenn eine andere Instanz zustimmen muß, haben wir es auch mit einem Risiko zu tun.

Sie haben die GAL in eine unmögliche Situation gebracht. Wie soll ihr Koalitionspartner da ohne Gesichtsverlust rauskommen?

Ich finde nicht, daß ich die GAL in eine unmögliche Situation gebracht habe.

Hat die GAL sich da etwa selbst reingebracht?

Das muß sie selbst beurteilen.

Wäre folgendes Szenario denkbar: Die SPD läßt sich auf eine andere Fläche ein, dafür stimmt die GAL einem sofortigen Planverfahren zu.

Es kann keinen Kompromiß geben, der zwar politisch hilft, aber in der Sache nicht trägt. Es gibt ja keine sozialdemokratische Leidenschaft, unbedingt das Mühlenberger Loch zuzuschütten, sondern eine feste Überzeugung, daß die Fläche, die wir anbieten, wirklich geeignet sein muß.

Ist der 9. Juni als Termin für die Senatsentscheidung unumstößlich?

Die Anfordernungen von Airbus lautet: erste Junihälfte.

Sind Arbeitsplätze nicht immer ein Totschlagargument?

Arbeitsplätze zu schaffen ist gegenwärtig unser vorrangiges Ziel, denn die deutsche Gesellschaft krankt daran, daß fünf Millionen Arbeitsplätze fehlen.

Interview: Silke Mertins