Expräsident Botha vor Gericht

Der Prozeß gegen den früheren südafrikanischen Präsidenten Pieter Willem Botha wegen Mißachtung der Wahrheitskommission hat begonnen  ■ Aus Johannesburg Kordula Doerfler

Das „große Krokodil“ war pünktlich und sichtlich guter Laune. In dunklem Anzug und weißem Hemd erschien der frühere südafrikanische Präsident Pieter Willem Botha gestern morgen vor Gericht, um sich wegen Mißachtung der Wahrheitskommission zu rechtfertigen. Das Verfahren gegen den starrsinnigen 82jährigen in der Kleinstadt George an der Südküste Südafrikas war bereits mehrmals vertagt worden. Seit gestern aber hat das juristische Geplänkel ein Ende.

Anwälte und Verteidigung waren vorbereitet, und Botha noch immer nicht willens, vor der Wahrheitskommission auszusagen. Ein Mitarbeiter der Kommission führte weiter Gründe an, warum es notwendig und gerechtfertigt war, Botha vorzuladen. Als langjähriger Präsident und Vorsitzender des Staatssicherheitsrates müsse er intime Kenntnisse über die Verfolgung der Befreiungsbewegungen gehabt und von schweren Menschenrechtsverletzungen gegen deren Anhänger auch außerhalb Südafrikas gewußt und sie vielleicht auch selbst angeordnet haben. Neben Botha selbst soll nun in dieser Woche der Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Tutu sowie überraschend einer der staatlich bezahlten Killer des Regimes, der frühere Geheimpolizist Eugene de Kock, in dem Verfahren aussagen.

Der Staatssicherheitsrat war auch zuständig für die Verhängung des Ausnahmezustandes, eines Mittels, von dem Botha während seiner Amtszeit als Präsident ausgiebig Gebrauch machte. Seit Mitte der 80er Jahre brannten Südafrikas Schwarzensiedlungen. Botha reagierte mit großer Härte auf die Proteste, was ihm seinen Spitznamen „großes Krokodil“ einbrachte. Rund 30.000 Menschen, so schätzen Menschenrechtsorganisationen, waren ohne Verfahren in Haft, Tausende starben unter bis heute ungeklärten Umständen. Über die genauen Strukturen des Machtapparats hat die Kommission wegen der Weigerung der Vertreter der alten Staatsorgane, mit ihr zusammenzuarbeiten, allerdings immer noch wenig zu Tage gefördert.

Botha hat sich dreimal geweigert, der Vorladung der Kommission zu folgen. Dem Vorsitzenden der Kommission, Desmond Tutu, riß schließlich die Geduld, und er erstattete Ende vergangenen Jahres Anzeige gegen Botha, dem nun eine Geldstrafe bis zu 8.000 Mark oder zweijährige Haft droht.