Kreidler-Pop (!) in der Kulturbrauerei

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Kreidler-Pop (!) in der Kulturbrauerei

In Interviews erzählen Kreidler neuerdings gern, wie freundlich sie in Japan aufgenommen wurden und daß es sogar einen Club voller Fans von ihnen gibt. Daß sie dort drüben manchmal komisch sind und auch die Scorpions knorke finden, ficht die vier nicht an. Mit dem Hinweis auf die Reputation im Fernen Osten soll klargemacht werden, daß Kreidlers Musik als Pop funktionieren kann, auch wenn er hierzulande vorher nie als solcher wahrgenommen wurde. Schließlich ist Pop doch vor allem etwas, was einem nicht mehr aus dem Kopf geht. Pop ist Badewannenmitsummen, Grölen oder „Children of the Revolution“. Bei Kreidlers Instrumentals fehlt es da schon an den Worten. Aber auch sonst sucht man vergeblich nach klassischen Popvorstellungen bei den Düsseldorfern. Das ändert sich auch auf ihrem letzten Album „Appearance and The Park“ nicht. Allerdings sind Widersprüche bei Kreidler unvermeidlich. Was soll man schon halten von einer Band, die verkündet, nicht mehr sampeln zu wollen, weiter aber elektronische Klangerzeugung benutzt, die Instrumente spielt wie ein klassisches Rockquartett, aber ihre Songs konstruiert wie am Zeichenbrett?

Nun also hat man sich meistenteils zurückgezogen auf das ehrwürdige Theremin, auf Plattenspieler, Elektronik aus dem Antiquariat, Bass und Schlagzeug. All das verlangt doch wieder handwerkliches Können, als hätte die allseits akklamierte Demokratisierung der Musikproduktion nie stattgefunden. Nicht nur dadurch rücken Kreidler auf der neuen Platte wieder ein Stück hin zu noch mehr Wärme. Ihr Debüt „Weekend“ lebte von der Diskrepanz zwischen der kühlen Atmosphäre altmodischer Elektronik und der Freundlichkeit eines Grooves von Menschenhand. Nun gibt es sogar ein Stück mit Gesang, und diese innere Spannung ist fast verschwunden. Dafür klingt die Elektronik, gerade weil sie aus so alten Quellen stammt, inzwischen organischer als die stoischen Maschinenbeats, in die sich das Schlagzeug widerspruchslos einordnet. Dieser Effekt liegt auch in den beiden Jahren begründet, die seit „Weekend“ vergangen sind und in denen der Entwurf und die Sounds, die Kreidler benutzen, popularisiert wurden und nun längst nicht mehr als maschinell wahrgenommen werden. Thomas Winkler

Heute, 21 Uhr, Alte Kantine, Kulturbrauerei, Knaackstraße 97