RWE zeigt sich uneinsichtig

Hessische Umweltministerin: Teilstillegung des AKW Biblis nach der nächsten Revision möglich, wenn Entsorgungsproblem nicht gelöst wird  ■ Aus Wiesbaden Klaus-Peter Klingelschmitt

Am stärksten fühlt sich die Atomindustrie doch in ihrer eigenen Wagenburg. Hatte sich RWE- Vorstandsmitglied Werner Hlubek am Wochenende noch aus ihr hervorgewagt und eine Zwischenlagerung von Atommüll an AKW- Standorten in Aussicht gestellt (taz vom 2.6. 1998), kniff er gestern wieder. Im Angesicht der hessischen Umweltministerin Priska Hinz in Wiesbaden packten er und Kraftwerksdirektor Klaus Diester aus Biblis die üblichen Parolen aus: Zwischenlager nur in Gorleben und Ahaus und Wiederaufarbeitung mit „Plutoniumproduktion“ im Ausland.

Wenn die „Vorgänge“ mit den Hot spots an den Transportbehältern geklärt seien, könnten die Züge wieder rollen: nach La Hague, nach Sellafield sowie nach Gorleben und Ahaus. Doch RWE könnte die Rechnung ohne die grüne Wirtin Hinz gemacht haben. Zur Zeit jedenfalls, so die Ministerin, seien die AKW-Betreiber nicht in der Lage, den vom Atomgesetz geforderten Nachweis zur gesicherten Entsorgung abgebrannter Brennelemente zu erbringen. „Dies führt zwar nicht unmittelbar zu Konsequenzen, doch wenn das Transportproblem nicht gelöst wird, stellt sich bei der nächsten Revision die Frage nach der Stillegung“, sagte Hinz. Die nächste Revision etwa für Biblis BlockA steht für den Anfang 1999 an. RWE verwies im Gegenzug darauf, daß die Abklingbecken in Biblis noch bis zum Jahre 2000 als provisorische Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente genutzt werden könnten und sich deshalb die Entsorgungsfrage erst danach stelle.

RWE habe in dem Gespräch noch einmal darauf hingewiesen, daß das Unternehmen nicht verpflichtet gewesen sei, Grenzwertüberschreitungen an den Transportbehältern den Atomaufsichtsbehörden mitzuteilen, so Hinz. Allerdings informierte RWE die hessische Atomaufsicht schon 1989 darüber, daß unterschiedliche Meßergebnisse zwischen Biblis und La Hague vorliegen würden. Die Atomaufsichtsbehörde im Umweltministerium, dem damals Minister Weimar (CDU) vorstand, beauftragte den TÜV-Baden mit Stichprobenmessungen an Transportbehältern vor der Abfahrt aus Biblis: ohne Ergebnis. Von Grenzwertüberschreitungen bei Messungen sei 1989 aber nicht die Rede gewesen, konstatierte Hinz nach dem Studium vorliegender „Erinnerungsprotokolle“. Doch in der vergangenen Woche mußte RWE einräumen, bereits 1987 von gravierenden Grenzwertüberschreitungen gewußt zu haben. Das aber sei gegenüber der Atomaufsicht verschwiegen worden. „Möglicherweise hat RWE die hessische Atomaufsicht 1989 sogar absichtlich getäuscht“, schloß Hinz.