Nie wieder gegen die DDR

Das Volksparkstadion wird abgerissen. Einen Blick in die Historie warf  ■ Eberhard Spohd

Bild wußte es schon vorher: „Warum wir heute gewinnen“, titelte das Springer-Blatt am 22. Juni 1974. Aber nachdem 77 Minuten gespielt waren, verstummten auch die euphorischsten Jubler. Jürgen Sparwasser hatte das 1:0 für die Auswahlmannschaft der DDR erzielt. Einzig die 500 Claqueure, die von der Stasi mit Reisegenehmigungen ausgestattet waren, schwenkten die Flagge mit Zirkel und Ährenkranz. Die westdeutschen Profifußballer um „Kaiser“ Franz Beckenbauer hatten, ausgerechnet bei der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Lande, den einzigen Bruderkampf der Systeme verloren.

Nun endlich, 24 Jahre später, wird der Ort der Schmach von Hamburg geschleift. Gestern rückten die Bagger ins Volksparkstadion ein. Denn die Sportstätte, die die Hamburger ohnehin nie gemocht haben, soll für 160 Millionen Mark zu einem Schmuckstück umgebaut werden. Schon bei der Einweihung des damaligen Altonaer Stadions durch Max Brauer im September 1925 waren die Hanseaten neidisch, gehörte das Gelände doch zu Altona. Aber auch nach der Eingemeindung im Jahre 1938 mied man den Volkspark. Es gab einfach zuviele traditionelle Arenen im Stadtbereich. Nicht zuletzt die am Rothenbaum, wo der HSV traditionell seine Spiele austrug.

An der Ablehnung der Hamburger Bevölkerung änderte sich zunächst auch nichts, als die Betonwanne nach dem Neubau 1953 wieder ihrer Bestimmung übergeben wurde, übrigens wiederum von Max Brauer, der inzwischen zum Hamburger Bürgermeister gewählt worden war. Viel zu weit und zu beschwerlich war und ist noch heute der Weg in den Volkspark. Doch 1963, als die eingleisige Bundesliga eingeführt wurde, bestimmte der DFB, daß der Hamburger SV seine Heimspiele dort austragen müsse.

Zur Weltmeisterschaft 1974 wurde noch einmal investiert und das Stadion zu einem der unattraktivsten der Liga umgebaut. Die Niederlage vom 22. Juni war eigentlich kein Wunder, strahlt doch Hamburgs größte Sportstätte eine gewisse DDR-Ästhetik aus. Und eine große Gefahr. So wurden 1979 bei der Meisterfeier des HSV 62 Menschen niedergetrampelt und zum Teil lebensgefährlich verletzt, als Fans durch ein Loch im Absperrzaun stürzen.

Aber auch die Funktionäre beim DFB konnten sich mit dem Volksparkstadion nicht mehr anfreunden, nachdem in den Achtzigern gleich drei Spiele verloren gingen. Unvergessen bleibt der Auftritt des Niederländers Marco van Basten, der im Europameisterschafts-Halbfinale 1988 Jürgen Kohler düpierte und mit seinen Toren die BRD-Elf aus dem Turnier schoß.

Die neue Arena soll nun die Berwerbung um das nächste sportliche Großereignis in Deutschland unterstützen. Der DFB bewirbt sich um die Ausrichtung der Fußball-WM 2006. Dazu muß er moderne Stadien nachweisen, die den Richtlinien des Weltfußballverbandes FIFA entsprechen.

Bleibt der deutschen Mannschaft nur zu wünschen, daß sie bei einem so schlechten Omen nicht in Hamburg spielen muß. Allerdings eins bliebe ihr bestimmt erspart: ein Spiel gegen die DDR.