Erste Bildungsmesse für Türken

■ Um die Problematik der Schulsituation von türkischstämmigen Kindern zu thematisieren, veranstaltet der Türkische Bund Berlin eine Informationsmesse speziell für türkische Eltern

Die Differenz ist eklatant: Fast 22 Prozent der türkischstämmigen SchulabgängerInnen hatten im Schuljahr 1996/1997 keinen Schulabschluß. Bei deutschen SchülerInnen lag die Quote bei nur knapp 9 Prozent. Das Abitur machten nur 10 Prozent der TürkInnen, dagegen knapp 33 Prozent der Deutschen. Um diesen Mißstand zu thematisieren und über die generelle Problematik der Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache zu informieren, veranstaltet der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) am Wochenende nächster Woche die „erste türkische Bildungsmesse“ im Rathaus Kreuzberg.

Insbesondere türkische Eltern sollen dabei „umfassend die deutsche Bildungsinfrastruktur“ kennenlernen. In Workshops, die in türkischer Sprache stattfinden, sollen Themen wie „Elternrechte und Elternpflichten“, „Religion und Schule“ und „Sprache und Zweisprachigkeit“ diskutiert werden.

Safter Cinar, Sprecher des TBB, möchte mit den Veranstaltungen gerade die Eltern mobilisieren, deren deutsche Sprachkenntnisse nicht besonders gut sind. Die Veranstaltungen sollten erreichen, bei den Eltern Barrieren und Ängste abzubauen. Denn diese führten dazu, daß sie ihre Kinder bewußt nicht in eine Kita schickten – einen der entscheidenen Orte für den Spracherwerb. Laut Cinar fänden Eltern es häufig sinnvoller, ihren Zöglingen nur zu Hause die eigene Sprache und Kultur beizubringen. Differenzierte Untersuchungen und Zahlen zu dieser Problematik liegen, so Cinar, bisher jedoch nicht vor.

Der TBB lehnt Quoten für nichtdeutsche Kinder in Schulklassen ab. Sinnvoller seien Förderklassen, in denen Kindern ohne Deutschkenntnisse ein Schuljahr lang intensiven Deutschunterricht erhielten. Dort müßten aber auch Bildungsinhalte wie in Regelklassen vermittelt und müsse auch weiterhin muttersprachlicher Unterricht angeboten werden. „Die Förderung der Muttersprache beeinflußt die Schulkarriere positiv“, sagt Cinar. Diese Klassen müßten so flexibel sein, daß schnell Deutsch lernende Kinder innerhalb des Schuljahres in „normale“ Klassen wechseln könnten. Auch in den Regelklassen solle weiterhin Förderunterricht angeboten werden, aber „nicht auf Kosten des normalen Unterrichts, sondern zusätzlich“.

Cinar spricht sich verstärkt für zweisprachige Schulen aus. Er verweist dabei auf Schweden. Dort muß die Schulbehörde muttersprachlichen Unterricht anbieten, wenn dies mindestens zehn Eltern einer Klasse wünschen. Julia Naumann

Die Messe findet vom 13. bis 14. Juni im Rathaus Kreuzberg, Yorckstr. 4–11 statt. Von 14.30 bis 16 Uhr gibt es eine Podiumsdiskussion auf türkisch zum Thema: „Was müssen Betroffene tun?“ Danach sind bis 18 Uhr 7 Workshops geplant. Am Sonntag findet eine Podiumsdiskussion auf deutsch zum Thema „Gibt die Berliner Schule ihren Bildungsauftrag auf?“ statt. Teilnehmen werden u.a. Schulsenatorin Ingrid Stahmer und die Ausländerbeauftragte Barbara John. Zahlreiche Projekte und Institutionen sind am Wochenende an Informationsständen vertreten.

1. Berlin Türk Egitim Fuari. 13 ve 14 Haziran. Cumartesi ve Pazar. Saat 13–18 Kreuzberg Belediyesinde. Yorckstr. 4–11