Fildermesse in Stuttgart gefährdet?

■ Naturschützer legen Stellungnahme zu geheimgehaltenen Landesgutachten vor: Klagen gegen die Messe sind aussichtsreich

Stuttgart (taz) – Der Baubeginn der Fildermesse ist seit gestern wieder in weite Ferne gerückt. Das Milliardenprojekt auf den Äckern vor den Toren der Landeshauptstadt Stuttgart war zur Chefsache von Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) geworden, nachdem sich in der Gemeinde Leinfelden- Echterdingen im vergangenen Herbst Widerstand von Initiativen und Bauernverband formiert hatte. Die Gemeinde lehnte ein Angebot von 250 Millionen Mark Entschädigung ab, Bauern weigerten sich, ihr Land zu verkaufen (taz v. 14.5. 1998).

Ministerpräsident Teufel drohte damit, dann eben im Landtag einfach ein Enteignungsgesetz verabschieden zu lassen. Eilig wurden dafür zwei Rechtsgutachten erstellt, ein 30seitiges im Justizministerium, eines mit 180 Seiten von Rechtsprofessor Dolde, beide bisher geheimgehalten. Zu letzterem legte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) gestern während einer Pressekonferenz dennoch eine erste Stellungnahme vor.

Rechtsanwalt Ralf Krüger kam zu dem Ergebnis, daß die Aussichten für die Gegner der Messe gut seien. Krüger, vormals Chef des baden-württembergischen Landeskriminalamtes und des Amtes für Verfassungsschutz, nun auf der Seite der Naturschützer, tadelte „die Geheimniskrämerei“ der Landesregierung. Er zweifelte zum einen grundsätzlich daran, daß eine Enteignung für so augenscheinlich wirtschaftlichen Interessen einzelner und nicht dem Allgemeinwohl dienende Zwecke wie eine Messe möglich sei. Zum anderen, so der Anwalt des Naturschutzbundes, dürfe sich ein Messegesetz nicht nur auf einen einzigen Standort festlegen, sondern müsse Alternativen zulassen.

Anwalt Krüger wandte sich auch gegen die wochenlange „Desinformationspolitik“, die bei der Leinfelden-Echterdinger Bevölkerung für Verunsicherung gesorgt hatte, und stellte fest: „Es gibt keinerlei Planung, gegen die es keine Rechtsmittel gibt.“ Die baden- württembergische Landesregierung setze auf Zeitgewinn. Ein solches Gesetz verzögere lediglich die Klagemöglichkeiten der Betroffenen, setze sie aber nicht außer Kraft.

Für die Stadt Leinfelden-Echterdingen hat Oberbürgermeister Wolfgang Fischer einen Bürgerentscheid angekündigt, der für kommenden Dienstag in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung vorgesehen ist. Für den 28. Juli laden die 40 Gruppen des Aktionsbündnisses „Die Filder leben lassen“ zu einem Aktionstag auf dem geplanten Messegelände. Heide Platen