Kämpfe im Kosovo weiten sich aus

■ Massenflucht nach Albanien und Montenegro hält weiter an. Zehntausende demonstrieren in Pristina für einen sofortigen Nato-Einsatz. Kinkel fordert schnelle Entscheidung des Bündnisses

Priština/Belgrad (AP/dpa/rtr) Die Massenflucht aus dem Kosovo wird immer dramatischer. Bis gestern trafen nach albanischen Angaben 12.000 Menschen aus der serbischen Unruheprovinz in dem Nachbarland ein. Die Vereinten Nationen schätzten die Zahl der Flüchtigen auf 40.000. Nach albanischen Presseberichten sind die meisten der Flüchtlinge auf dem Weg nach Albanien. Das albanische Gesundheitsministerium, das Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen schickten Bekleidung und Lebensmittel in die nordalbanische Grenzstadt Bajram Curri, wo die meisten Flüchtlinge angekommen sind. Mindestens 7.000 Kosovo-Albaner sind nach Montenegro geflüchtet. Die meisten der Flüchtlinge seien Frauen, Kinder und ältere Menschen, sagte der montenegrinische Flüchtlingsbeauftragte Djordje Scepanović.

Unterdessen weiteten sich die Kämpfe im Kosovo nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Richtung Osten aus. „Es sieht so aus, als habe der Konflikt inzwischen auch auf die Region Orahovac übergegriffen“, sagte UNHCR-Sprecherin Maki Shinohara gestern. Das albanische Kosovo-Informationszentrum in Priština berichtete gestern von einer dramatischen Situation im Westen der südserbischen Provinz. Den Angaben zufolge sind etwa 20.000 Albaner im Gebiet um Decani von der serbischen Polizei eingekesselt. Sie würden sogar mit Artillerie beschossen. Mehrere Dörfer seien zerstört. Die Zahl der Toten sei unbekannt. Es gebe aber mehrere hundert Verletzte.

In Priština forderten gestern mehrere zehntausend Kosovo-Albaner einen sofortigen Nato-Einsatz im Kosovo. Die Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift „Nato – Nicht an der Grenze zu Kosovo, sondern im Kosovo“, „Kosovo brennt“ und „SOS für Kosovo“. Demgegenüber bestritten Belgrader Sicherheitskräfte, Albaner aus dem Kosovo zu vertreiben. „Solche Behauptungen sind Spekulationen, denn wir bekämpfen nur den Terrorismus. Unsere Aktionen sind nur Verteidigungsmaßnahmen“, sagte der serbische Provinzleiter Veljko Odalović dem Belgrader Sender B 92. Tatsächlich seien die örtlichen Serben Opfer von ethnischen Säuberungen.

Die Bundesregierung forderte die Nato gestern auf, schnell über ein militärisches Eingreifen im Kosovo zu entscheiden. Bundesaußenminister Klaus Kinkel erklärte, seiner Ansicht nach sei die Zeit für eine Truppenstationierung an den Grenzen des Kosovo gekommen. Die Nato könnte als erstes Truppen an die Grenzen in Albanien und Mazedonien entsenden. Weitere Schritte seien nicht auszuschließen. Kommentar Seite 12