Wie sollte der nächste Papst sein?

Papst Johannes Paul II. hat am 16. Oktober 1978 den Platz des Stellvertreters Jesu Christi auf Erden übernommen. Es gibt wohl niemanden in der katholischen Welt, der dem 78jährigen einen jähen Wechsel in den Himmel wünscht. Aber wird es nicht allmählich Zeit, über eineN NachfolgerIn nachzudenken? Eine Umfrage  ■ von Annette Kanis

Ignatz Bubis

Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland

„Zunächst einmal wünsche ich dem gegenwärtigen Papst ein langes Leben. Zur Person des nächsten Papstes stehen mir keine Wünsche zu. Im übrigen hoffe und wünsche ich, daß auch der nächste Papst die Ideen und Gedanken des Zweiten Vatikanischen Konzils fortsetzen wird.“Foto: Ute Voigt

Hülya Kara

Brezelverkäuferin in Mainz

„Er sollte offener auch anderen Religionen gegenüber sein. Die Religion auf alle Fälle friedlich gestalten, das ist wichtig, egal, um welchen Glauben es geht. Er soll sich für den Frieden einsetzen und mehr für die Armen tun. Etwas jünger könnte er auch sein. Ich glaube, die Jüngeren haben bestimmt mehr Kraft.“ Foto: B. Bostelmann/argum

Sarah Wagenknecht

Mitglied der Kommunistischen Plattform in der PDS

„Eine meiner Lebensmaximen besteht darin, mir nur da etwas zu wünschen, wo eine Mindestchance besteht, es auch zu bekommen. Der Wunsch, ein Papst möge sich anders als reaktionär in die Weltgeschichte einmischen, wäre ähnlich realistisch wie die Hoffnung, sieben Millionen Arbeitslose hielten einen Konzern davon ab, noch mehr Leute auf die Straße zu setzen, wenn das die Rendite weiter nach oben treibt. Wünschen bringt nicht viel. Ich finde es wichtiger, etwas zu tun.“ Foto: Michael Meyborg/Signum

Jürgen Fliege

TV-Moderator und evangelischer Pfarrer

„,Beim nächsten Papst wird alles anders'? Glaube ich nicht. Wahrscheinlich genausowenig wie beim nächsten Mann, von dem die Frauen träumen. Aber wer weint da, mit dem jetzigen Mann unzufrieden, heimlich des Nachts in die Kissen? ,Du sollst nicht begehren deines nächsten Papstes!' Der jetzige ist dazu da, den Widerstand des Kirchenvolkes gegen ein von Anfang an fragwürdiges System von Herrschaft hervorzurufen. Und das macht er doch nicht schlecht! Was er zugegeben nicht so gut auf den Punkt bringt, ist die Sache mit der Liebe. Er hat ja recht, wenn er gegen die totale chemisch-technische Beherrschung der Himmelsmacht antritt. Aber warum läßt er denn alle, die es einmal irgendwie, irgendwann, irgendwo ohne probiert haben, so schmählich im Stich? Zeigefinger statt segnende Hand! Der nächste Papst sollte einfach eine Nonne heiraten wie Luther, und alles wäre ausgestanden, oder wie oder was?“Foto: AP

Katharina Schirmer

Marktfrau in Mainz

„Einen Mann mit Ausstrahlung. Ein bißchen was von unserm Herrgott müßte er schon haben. Oder wie Jesus oder Petrus. An Ostern habe ich alle Bibelfilme gesehen, da hatten diese Männer viel Ausstrahlung. Der nächste Papst müßte jünger und weltoffener sein. Und gerecht. Der Sankt Martin hier in Mainz, oben auf dem Dom, der seinen Mantel teilt, könnte sein Vorbild sein. Sachen verkaufen und den Armen geben, so was muß mehr Früchte tragen.“ Foto: B. Bostelmann/argum

Holger Schury

Krankenpfleger in Mainz

„Ich erwarte von einem Papst, daß um ihn weniger Personenkult getrieben wird. Es sollte einer sein, der mehr Nähe zu Menschen zeigt. Und moderner denken sollte er. Nicht so an vergangenen Einstellungen festhalten, besonders was Pille und Abtreibung angeht. Ein jüngerer Papst könnte sich bestimmt besser auf die aktuellen Bedürfnisse der Menschen, besonders eben auch der jüngeren, einstellen.“ Foto: B. Bostelmann/argum

Hildegard und Katharina Bahmann

Gottesdienstbesucherinnen im Mainzer Dom, 62 und 89 Jahre alt

„Wir wünschen uns, daß er aus dem schwarzen Kontinent kommt. Für das Priesteramt der Frau sollte er ein offenes Ohr haben. Und er müßte endlich das Zölibat abschaffen, denn verheiratete Priester hätten mehr Verständnis für Familie und Ehe. Dann hätte die Verlogenheit ein Ende, mit der heute mit Kindern und Frauen von Priestern umgegangen wird. Außerdem wäre es schön, daß er sich mehr für die Ökumene einsetzt. Viele Katholiken denken so wie wir. Wir lassen uns mit unserer Meinung jedenfalls nicht aus der Kirche vertreiben.“Foto: B. Bostelmann/argum

Norbert Greinacher

Theologieprofessor an der Universität Tübingen

„Ich wünsche ihn mir jünger, energischer, dynamischer, kreativer und phantasievoller als diesen Papst. Auch wenn es Illusion ist, wünsche ich mir, daß er demokratisch gewählt wird. Tatsächlich hat der jetzige Papst jene Kardinäle ernannt, die seinen Nachfolger wählen. Ein Symptom dafür, daß die katholische Kirche das letzte totalitäre System der Welt ist. Der nächste Papst sollte berücksichtigen, daß der Glaubenssinn aller Gläubigen maßgebend sein sollte für das Handeln der Kirche. Er sollte mehr basisnahe und dezentralisierte Arbeit fördern.“Foto: KNA