Schönbohm schönhubert weiter

■ Innensenator will Bezirke mit hohem Ausländeranteil „austrocknen“

Nach seinen Äußerungen über Ausländerghettos und Gebiete, „in denen man sich nicht wie in Deutschland fühlt“, hat Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) nun noch einmal nachgelegt. Auf einer Veranstaltung der Berliner Schüler Union (BSU) sprach der Innensenator davon, Bezirke mit hohem Ausländeranteil „auszutrocknen“.

Wenige Tage nach seinem B.Z.- Interview vom Freitag, in dem er gegen die multikulturelle Gesellschaft zu Felde gezogen war, hatte der Innensenator auf Einladung der BSU im Ernst-Lemmer-Institut in Charlottenburg über „stadtbezirkliche Verwahrlosung“ und Jugendkriminalität referiert. „Ihnen wird auffallen, daß wir Sorge haben müssen bei Wohnquartieren, wo Deutsche in der Minderheit sind. Ich will sie nicht“, begann Schönbohm seine Äußerungen zum Thema „Verwahrlosung“.

Schönbohm verzichtete diesmal zwar auf das Wort „Ghetto“. Dafür verwendete er einen Begriff, der diesem in nichts nachsteht. Auf die Steilvorlage eines Schülers, ob mit der „Verteilung von Problemleuten auf andere Bezirke“ die Probleme nicht nur „exportiert“ würden, antwortete Schönbohm, daß man Bezirke mit hohem Ausländeranteil „austrocknen“ müsse. „Wir müssen das steuern und zu einer besseren Durchmischung kommen“, sagte der Innensenator.

Im Gegensatz zu anderen Diskussionen mit Jugendlichen, bei denen Schönbohm schon bei den Grußworten ausgepfiffen wurde, fraßen ihm die 15 Schüler – fast ausschließlich aus Grunewald und Zehlendorf – aus der Hand und lauschten gebannt den Anekdoten aus seiner Schulzeit vom „Kräftemessen wie unter Schafsböcken“. Sie wollten wissen, ob man den Ausländeranteil an Schulen nicht quotieren könne. Es sei ein „Faktum“ antwortete Schöhbohm, daß es Schulen gebe, an denen Lehrer nicht richtig unterrichten könnten, weil die Schüler sie nicht verstünden. Deshalb müsse diskutiert werden, ob ausländische Kinder „unbedingt die nahegelegenste Schule“ besuchen müßten.

Wenn ein Appell an die Eltern nicht fruchte, müsse man überlegen, das „zwangsweise“ durchzusetzen. Schönbohm sagte, daß es ihn „betrübt“, daß derlei Themen „so lange tabuisiert werden, bis es zu spät ist“. Deshalb habe er die „provokanten“ Äußerungen in dem Interview gemacht.

Der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz, wertet Schönbohms Äußerungen als Ausdruck eines „radikalen Abbaus“ der CDU. Wie ein „Lemming, der auf den Abgrund zuläuft“, versuche Schönbohm Land zu gewinnen, „indem er den Hardliner macht“, sagte Lorenz gestern zur taz. Derlei Äußerungen gefährdeten die Koalition „in höchstem Maße“. Für den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Wolfgang Wieland, ist die Verwendung von solch „finsterem völkischem Vokabular“ Ausdruck dafür, daß „Schönbohm im Wettlauf mit Frey den rechten Rand binden“ soll. Barbara Bollwahn