Hauser mimt den Beleidigten

In Rekordzeit hat es sich der neue Regierungssprecher Otto Hauser mit den Medien und Teilen seiner eigenen Partei verscherzt. Er selbst fühlt sich unfair behandelt  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Als Regierungssprecher saß gestern Herbert Schmülling (FDP) auf der Bundespressekonferenz in Bonn. Sein Chef Otto Hauser (CDU) war wegen „anderer Termine“ verhindert. Wie denn der Bundeskanzler auf die jüngsten Äußerungen von Hauser reagiert habe, wurde Schmülling gefragt. „Mir sind keine Reaktionen bekannt.“ Der gewöhnlich gut informierten Frankfurter Allgemeinen Zeitung schon. Die hatte berichtet, Kanzleramtsminister Friedrich Bohl habe Hauser im Einvernehmen mit Helmut Kohl „zusammengefaltet“.

Die kaum verhüllte Drohung, daß bei unbotmäßigem Wählerverhalten in den neuen Ländern künftig weniger Geld von Ost nach West fließen könne, hat den Regierungssprecher schneller als jeden seiner Vorgänger zum Gegenstand von Schlagzeilen in eigener Sache gemacht. Hauser habe sich wie der Generalsekretär einer Partei verhalten und sei in den Vordergrund des öffentlichen Streits geraten, kommentierte die Süddeutsche Zeitung: „Genau dahin gehören Sprecher nicht.“

Mit diesem Mann wird Helmut Kohl den Stimmungsumschwung zugunsten der Union wohl nicht schaffen. Der Volkssturm hat den deutschen Sieg im Zweiten Weltkrieg auch nicht berbeizwingen können. Ein solcher Vergleich ist geschmacklos und unzulässig? Ganz gewiß. Das Problem: Mit Vergleichen und Äußerungen auf genau diesem Niveau operiert Otto Hauser.

Gleich zu Beginn seiner neuen Tätigkeit hat er die PDS mit der NSDAP verglichen. Eigentlich hätte eine derartige Äußerung des CDU-Abgeordneten niemanden überraschen dürfen. Er gilt auch innerhalb der eigenen Fraktion als strammer Rechter. Das für ihn ungewohnte Rampenlicht schien Hauser vom ersten Tag an zu genießen. Inzwischen fühlt er sich „unfair behandelt“ – sieht aber keinen Grund, sein Verhalten zu ändern.

Vielen seiner Parteifreunde fielen da durchaus Gründe ein. In Teilen der Union herrscht blankes Entsetzen. Wolfgang Schäuble sagte in einem Interview, es sei keine Entschuldigung, wenn Hauser sich als Abgeordneter und nicht als Regierungssprecher geäußert habe: „Ich bin nicht dafür, daß ein Abgeordneter größeren Blödsinn reden darf als ein Regierungsspecher.“ Der Fraktionschef hat eine Rechnung beglichen. Sein Landsmann Hauser gehörte zu den Gegnern eines uberwiegend argumentativ geführten Wahlkampfs, wie ihn Schäuble konzipiert hatte. Er wünschte einen Lagerstreit.

Ein Regierungssprecher darf nicht als Wahlkämpfer auftreten und muß die Politik der gesamten Bundesregierung vertreten. Die FDP fühlt sich von Hauser schlecht bedient. Er habe „die Balance bisher nicht gefunden“, die allen Koalitionspartnern gerecht werde, erklärte gestern ein Parteisprecher. Der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt hat in der Angelegenheit im Kanzleramt interveniert.

Bei den Liberalen dürfte der Wirbel stille Freude auslösen, bietet er ihnen doch Gelegenheit, sich im Wahlkampf gegenüber der Union zu profilieren und ganz unauffällig ein bißchen mit der SPD zu flirten. Aber auch die Opposition nutzt ihre Chance. Rolf Schwanitz, im Schröder-Team zuständig für den Aufbau Ost, fordert Hausers Rücktritt oder seine Entlassung. Die Grünen erwägen nach den Worten ihrer Bundesgeschäftsführerin Heide Rühle sogar Verfassungsklage wegen Amtsmißbrauchs. Abgetaucht ist unterdessen übrigens ein anderer, von dem sich Helmut Kohl Großes erhofft hatte: Hans-Hermann Tiedje. Er gibt sich in diesen Tagen ungewöhnlich pressescheu. Im Zusammenhang mit Medienberatung für die Union derzeit das Klügste, was einer tun kann.