Radbruch war Auslöser des ICE-Unglücks

■ Bergungsarbeiten abgeschlossen. ICE wieder in voller Fahrt

Eschede (dpa/taz) – Ein gebrochenes Rad ist wahrscheinlich die Ursache der Eisenbahnkatastrophe von Eschede. Das Unglück hat mindestens 96 Menschen das Leben gekostet. Gestern abend ging der Einsatz zur Bergung der Opfer und Räumung der Strecke dem Ende zu. Experten arbeiteten an der Identifizierung der Toten. Als Folge der Untersuchung von 60 ICE-Zügen der ersten Generation – zu ihr gehört auch der Unglückszug – kam es am Freitag zu massiven Verspätungen. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 160 Stundenkilometer für die Züge wurde gestern nachmittag wieder aufgehoben. Für die 44 Züge der zweiten ICE-Generation war kein Tempolimit verhängt worden.

Die Hinweise auf ein defektes Rad als mögliche Unglücksursache verdichteten sich. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums erklärte, „gefundene Fahrzeugteile entlang der Strecke deuten darauf hin, daß der Radbruch etwa sechs Kilometer vor der Entgleisung in der ersten Weiche des Bahnhofs, etwa 300 Meter vor der Brücke, stattgefunden hat“. Es seien in dem etwa sechs Kilometer langen Streckenabschnitt bis zur Unglücksstelle „Aufschlagsspuren“ an Schwellen festgestellt worden, ebenso an signaltechnischen Einrichtungen. Das ermittelnde Eisenbahnbundesamt gehe bei der Suche nach den Unfallursachen „allen Möglichkeiten nach“.

Die ICE-Züge der Deutschen Bahn AG verfügen über keine Warnzeichen für Radbruch und Entgleisung. Es gebe ein Diagnosesystem für überfüllte Toiletten, leere Speisewagentanks und ausgefallene Klimaanlagen, sagte der Leiter der Abteilung Fahrweg und Betrieb beim Eisenbahnbundesamt, Jens Böhlke. Nach seinem Kenntnisstand würden von dem Diagnosesystem „Schwingungen“ nicht erfaßt, sondern lediglich „thermische Dinge“ wie Überlastung von Aggregaten. Die endgültige Ursache des Unglücks wird frühestens in drei Monaten feststehen.

In der Nacht zu Freitag waren nach mehr als 40 Stunden die Bergungsarbeiten für einige Stunden unterbrochen worden. Die Retter gingen davon aus, daß es keine Überlebenden mehr zu bergen gab.

Als Folge der Überprüfungen der ICE-Züge fielen am Freitag bundesweit 23 Verbindungen völlig aus. Im übrigen Fernreiseverkehr kam es zu Verspätungen von bis zu zwei Stunden. Berichte Seite 6