■ Vorschlag
: Odysseus' Heimkehr in der Variante der Handspring Puppet Company

Die Gastspiele der Handspring Puppet Company sind in Berlin kultverdächtig. Ob 1994 mit „Woyzeck on the Highveld“, ein Jahr darauf mit „Faustus in Africa“ oder seit Freitag mit „Il Ritorno d'Ulysse“ – das hauptstädtische Publikum begrüßt die Gruppe um den Regisseur William Kentridge wie eine Offenbarung. Und die Südafrikaner wissen den Jubel anzunehmen wie ein kostbares Geschenk. So weit das Ritual.

Neu ist diesmal, daß sich die Johannesburger von der Weltliteratur ab- und Monteverdis inhaltlich eher unspektakulären Oper „Il ritorno d'Ulysse in Patria“ zugewandt haben. Für dieses Unternehmen konnten sie den belgischen Barockprofi Philippe Pierlot und seine Gruppe Ricercar Consort gewinnen, die die „klassischen Elemente“ der Company – Puppen plus Menschen plus Animationsfilm – durch Musik und Gesang bereichern.

Kentridges Held ist, anders als bei Monteverdi, kein ruhmbeladener Heimkehrer, sondern ein kranker Mann – ein Traumreisender und Kopfheld. Die Erlösung der treuen Penelope aus der Umklammerung ihrer Verehrer übernimmt sein geträumtes Double, während er selbst sich der Flut der Bilder ergibt, die diesmal nicht nur als assoziative und hübsch-naive Zeichnungen, sondern zuweilen bis zur Kitschigkeit illustrativ oder allzu konkret über seinem Kopf vorüberziehen: Blumen und Ranken für Liebe und Schönheit, Bilder aus dem Operationssaal für menschliche Anmaßung etc. Doch obgleich die ohnehin redundante Geschichte weitgehend zum menschelnden Sehn- und Klagegesang entdramatisiert wurde, gibt es hübsche Szenen: So zeigt sich etwa im verzweifelten Kampf der Freier mit der unbeugsamen Penelope und dem ebensolchen Bogen eine zarte Komik, die zusammen mit der fabelhaften musikalischen Leistung die abschließende Begeisterung rechtfertigt.

Doch einem bekennenden Fan insbesondere des südafrikanischen „Woyzeck“ genügt das nicht: Bezauberte an diesem vor allem der intime und detailreiche Dialog zwischen Puppenspielern und Puppen, so drohen hier die Spieler hinter den Sängern zu verschwinden und die Autonomie der Puppen hinter dem Gesang. Für Freunde der Barockmusik zweifellos ein beglückender Abend. Für Freunde der Handspring Puppet Company jedenfalls kein Muß. Sabine Leucht

Noch heute und morgen, 20 Uhr, Hebbel-Theater, Stresemannstraße 29, Kreuzberg