51 Prozent stehen hinter Dzembritzki

■ Mit 13 Stimmen Vorsprung vor dem Herausforderer Hans-Georg Lorenz hat der Parteitag den SPD-Vorsitzenden in seinem Amt bestätigt

„Der tritt nicht an.“ Kein roter Schal, nicht einmal eine rote Krawatte – ganz dezent tauchte Walter Momper am Freitag abend im Palais am Funkturm auf, einer unter vielen Genossen. Und die Delegierten des SPD-Parteitags munkelten verunsichert: „Der tritt nicht an.“

„Nein, ich kandidiere nicht.“ Am Samstag vormittag um zehn Uhr lüftete er den Schleier. Walter Momper, der Ex-Parteichef und ehemalige Regierende Bürgermeister zu rot-grünen Zeiten, auf dem Parteitag mit dem lautesten Beifall bedacht, streckte seine Hand nicht nach dem Vorsitz der Berliner SPD aus. Obwohl drei Kreisverbände ihn nominiert hatten. „Ich habe auch so genug zu tun, und ich hab' das ja alles schon mal gemacht“, sagt er.

Anders Hans-Georg Lorenz. Seit Monaten war klar: der innenpolitische Sprecher der Fraktion im Abgeordnetenhaus tritt als Gegenkandidat zum amtierenden Vorsitzenden Detlef Dzembritzki an. Um, wie er sagte, die Position der Partei gegenüber der Fraktion und gegenüber der Großen Koalition zu stärken. Und so standen sich am Samstag mittag zwei Kandidaten für die Führungsposition gegenüber. Das Ergebnis fiel knapp aus: Im vierten Wahlkampf erst (zwei davon ungültig) konnte sich Detlef Dzembritzki mit einem Vorsprung von 13 Stimmen gegen Lorenz durchsetzen. 158 Delegierte votierten für Dzembritzki, 145 gaben ihre Stimme dem Herausforderer Lorenz. Und nach der Wahl forderte der unterlegene Lorenz die Delegierten zur Geschlossenheit auf. Außerdem aber hoffe er, daß Dzembritzki „macht, was er versprochen hat, nämlich möglichst viel zu lernen“.

Bis kurz vor der Wahl war die Parteispitze sichtlich nervös. Lorenz hatte starken Beifall für seine Kandidatenrede erhalten, in der er den Delegierten zurief: „Diese Koalition muß weg, weil in ihr unsere Ziele sterben.“ Dzembritzki dagegen lobte die Erfolge der SPD bei der Modernisierung und der Haushaltskonsolidierung. Die Kritik von Lorenz und anderen, „daß die Partei nicht erkennbar sei, von der Fraktion dominiert werde, halte ich für absurd“, so Dzembritzki. Viel Beifall erhielt Dzembritzki dafür nicht. Stark machten sich für den amtierenden Vorsitzenden deshalb unter anderem Arbeitssenatorin Christine Bergmann, Finanzsenatorin Annette Fugmann- Heesing und Fraktionschef Klaus Böger. Mit dem Erfolg, daß Dzembritzki knapp wiedergewählt wurde.

Doch die Unruhe bei den SozialdemokratInnen bleibt. Und auch Walter Momper verschwindet nicht aus den Köpfen der GenossInnen, dafür hat er gesorgt. Die Ermüdung über die Große Koalition macht sich inzwischen auch bei den SozialdemokratInnen breit. Die Konzentration auf die Haushaltskonsolidierung, die Positionsschwäche Dzembritzkis, all dies läßt den Wunsch nach einem Wechsel gedeihen. „Ich leide am öffentlichen Erscheinungsbild der Berliner SPD“, hatte Momper am Freitag abend gesagt und damit vielen Delegierten aus dem Herzen gesprochen. Ohne daß Momper für eine andere Politik als die der Konsolidierung stehen würde, sehen einige der GenossInnen in ihm deshalb eine Chance.

Auch der Fraktionsvorsitzende der CDU, Klaus Landowsky, geht davon aus, daß Momper wieder eine herausragende Rolle im politischen Leben der Stadt spielen wird. Es sei „nichts Gutes zu erwarten“, wenn nur Walter Momper mit Bravorufen gefeiert würde: einen Spitzenkandidaten Walter Momper, dem auch eine Zusammenarbeit mit Grünen und PDS zuzutrauen sei. Barbara Junge