Die Vorschau
: Der Tod ist leider niemals richtig lustig

■ The Die is Cast & Vermillion Fields: Gothic Rock in der Stagebox / Bierdosen müssen draußen bleiben

Zappenduster und verregnet wie der Bremer Sommer (origineller Anfang, was ?) klingt die Stimme von Gerrit Gestern auf der Debut-CD von „The Die is Cast“, die da „Happy Deathday“ heißt und auf dem Bremer Label Starfish Music erschienen ist. Mittwoch ist die Band zusammen mit „Vermillion Fields“ aus Berlin zu Gast in der „Stagebox“ im „Modernes“.

Gothic Rock ist bereits viele Tode gestorben, aber die Gemeinde der Grufties mit fingerdick Penatencreme im Gesicht, Gehrock und obligatorischen Kajalrändern zeigt sich davon unbeeindruckt. Mit ihren Vorlieben für die frühe Electronic Body Music hat man die 80er halbwegs progressiv überstanden und Bremen ist (natürlich!) eines der letzten Reservate der gepflegten Traurigkeit.

Bei den beliebten „Strange Nights“ von Djane Nina im Tower treffen sich die Kinder der Nacht, um ihren Karneval zu zelebrieren. Es hat ein wenig was vom Maskenball in einem katholischen Internat, die Sache mit den Grufties. Lack und Leder, das unberührbare Outfit scheint wichtiger als die Musik. Gehört wird, was seit Jahren untot ist und deshalb auch nicht schlechter wird. „Sisters“, „Fields“ und all das Zeugs, wozu Anfang der 80er bereits im „Römer“ rumgestanden wurde.

Gruftiebands können alle nicht ordentlich singen und haben dafür reichlich Hall auf dem Gesang. „The Die is Cast“ machen da keine Ausnahme. Die Musik von gestern will gar nicht weiter auffallen, traditionell zwischen „Pink Turns Blue“ und „Generation X-Mal Deutschland“ angesiedelt, wird der eigene Zynismus beschworen. Gleich zwei Stücke heißen „Sick“, andere tragen Titel wie „No Sign of Life“, „Inferno“ oder „Abschied“: Stimmen einer Generation, die mit denen davor längst abgeschlossen hat und deshalb gerne totgesagt wird.

„We're glad that you're dead, for one day we play sad“ singt Gestern. Aha, die tun nur so und sind gar nicht den ganzen Tag so traurig, wie sie halt immer tun. In einer Popband zu spielen ist auch die beste Möglichkeit, die eigene Kindlichkeit zu erhalten, dafür später auch noch Geld zu kriegen und das Erwachsenwerden auf die lange Bank zu schieben. Das Leben ist schon schlimm, die Würfel sind gefallen und die Grufties wußten das natürlich vorher. Irgendwie sind die überlebensfähigste der 80er-Subkulturen, die sich dem Trend zum ganz großen Crossover entzogen haben und, fernab von gut und böse, ihre eigene kleine Welt bewahren möchten. „The Die is Cast“ machen in ihrem Genre eine ordentliche Figur und sehen gut aus. Sie werden Fans von Zombies, „Dr. Caligari“, Fantasy-Rollenspielen, Andreas-Keiser-Comics und kostenlosen Konzerten gleichermaßen zu begeistern wissen.

Den Grufties sollte aber auch gesagt sein, daß das Dosenbier vor der Tür zu bleiben hat, um das „Modernes“ nicht in den endgültigen Ruin zu treiben. Die „Stagebox“ finanziert sich nur über den Getränkeverkauf, und die „Kulturhauptstadt Bremen“ hat sie bitter nötig. Hat da jemand gelacht? StErn

Mittwoch, 20 Uhr im Modernes