Ab ins Loch

Rot-grüner Senat stellt DASA Mühlenberger Loch zur Verfügung. NABU kündigt Klage in Brüssel an  ■ Von Silke Mertins

„Ich fand meine Argumente besser, aber es hat nicht viel geholfen“, gestand Hamburgs Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) seine Niederlage. Nach stundenlangen Verhandlungen Montag nacht und Dienstag morgen verkündeten die rot-grünen Koalitionäre gestern Nachmittag, daß die SPD sich durchgesetzt hat: Das ökologisch einmalige Mühlenberger Loch, das erst im Januar als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurde, wird dem Flugzeugbauer DASA als Erweiterungsfläche zur Verfügung gestellt. Bekommt der Hamburger Standort den Zuschlag für den Bau des Superfliegers A3XX, wird die Vogelbrutstätte zugeschüttet.

„Ein solcher Eingriff läßt sich nicht vollständig ausgleichen“, so Porschke, „insofern bleibt immer ein Stück Schmerz.“ Die GAL hätte lieber das Naturschutzgebiet Westerweiden geopfert. Dennoch hält der Umweltsenator die „schwierigste Entscheidung meiner bisherigen Amtszeit“ für tragbar. Es sei nicht nur „ein Beleg für rot-grüne Handlungsfähigkeit“, sondern mache auch deutlich, daß die Bewerbung für den Auftrag, an dem 4000 Arbeitsplätze hängen, „von der GAL ernsthaft gewollt wird“.

Die SPD hat sich die Zustimmung der GAL mit einem Zugeständnis erkauft. Der ökologisch hochwertige Moorgürtel im Süder-elberaum wird aus der Planung für die Autobahn A26 nach Stade herausgenommen. Zusätzlich muß nach der Gesetzeslage für das Mühlenberger Loch ein ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Wahrscheinlich, so der strahlende Sieger, Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD), in Niedersachsen.

Ein Selbstgänger ist die Erweiterung ins Mühlenberger Loch hinein dennoch nicht. Zum einen sind die Subventionen von 1,5 Milliarden Mark für die Bereitstellung der Infrastruktur eine kritische Frage. Zum anderen ist eine Ausnahmegenehmigung der EU-Kommission vonnöten, um das EU-Schutzgebiet zu zerstören. Aus europäischer Sicht ist jedoch nicht einzusehen, warum eine ökologisch wertvolle Fläche verloren gehen soll, wenn ein anderer Standort ebenso in Frage kommt. Beim Mitbewerber Rostock gibt es keine ökologischen Hindernisse, auch liegt die Arbeitslosigkeit im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern mit 25 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Hamburg. Mirows Zuversichtlichkeit läßt deshalb vermuten, daß seine Verhandlungen mit der EU-Kommission bereits weiter sind, als er öffentlich zugibt.

Die GAL-Spitzen schlagen in ihrer Bewertung der Entscheidung scharfe Töne an. Über „Uneinsichtigkeit der SPD“ klagt Parteichefin Antje Radcke. Der Beschluß sei „kein Freibrief für jede Form einer DASA-Erweiterung“, warnt Fraktionschefin Antje Möller. Sich nun mit den NaturschützerInnen auseinanderzusetzen, „wird schwer“.

Da hat sie recht. Der rot-grüne Senat betreibe eine „verheerende Kirchturmpolitik“, schimpft der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Rostock wäre sowohl aus ökologischer wie wirtschaftlicher Sicht zu bevorzugen. „Welchen Sinn hat Rot-Grün?“ fragt sich der Naturschutzbund (NABU). Die grünen Senatsmitglieder seien konfliktscheu. „Die SPD kann ihre Betonpolitik gegen die Natur unvermindert fortsetzen.“ Der NABU werde bei der EU-Kommission Beschwerde einreichen.

Einzig die CDU hat die SPD lieb. Sie nahm die Entscheidung „mit Erleichterung“ zur Kenntis.