"Wir haben keine Chance"

■ Thomas Dooley, pfälzischer Kapitän der US-Nationalmannschaft, über französischsprachige Amerikaner, seine Verantwortung für Fortschritte im Soccer und die Meisterschaft von Kaiserslautern

Thomas Dooley (37), Sohn einer Deutschen und eines amerikanichen GIs, wuchs auf im pfälzischen Bechhofen und wurde mit dem benachbarten 1. FC Kaiserslautern 1990 Pokalsieger und 1991 Deutscher Meister. 1992 reaktivierte Dooley sein nur mehr leidlich vorhandenes Schulenglisch und spielte zum ersten Mal für die US-Nationalmannschaft. Deren Kapitän wurde er nach dem kürzlichen Rauswurf von John Harkes. Sein Geld verdient er momentan in der US-Profi-Liga Major League Soccer bei Columbus Crew.

taz: Bei der WM 1994 erreichten Sie mit dem Team USA die 2. Runde und verloren dort gegen Brasilien. Welches Ziel haben Sie sich für die WM in Frankreich gesetzt?

Thomas Dooley: Wir haben ungefähr das gleiche Ziel. Aber es ist schwieriger, die zweite Runde zu erreichen, erstens, weil die Gruppe wesentlicher schwieriger ist, zweitens, weil nur zwei Mannschaften weiterkommen, und drittens, weil wir in Frankreich und nicht wie vor vier Jahren zu Hause spielen.

In der Vorbereitungsphase schlugen die USA überraschend Brasilien und Österreich, taten sich aber beim Remis gegen Mazedonien schwer. Lassen solche Resultate konkrete Schlußfolgerungen zu?

Wenn man aus den Spielen vor einer WM eine Bilanz ziehen könnte, dürfte Deutschland nie so erfolgreich sein. Im Fußball ist alles möglich. Da kann man vorher riesen Spiele machen gegen die Großen, und man verliert gegen die schwächsten Teilnehmer. Deshalb ist es am wichtigsten, Selbstvertrauen zu bekommen und ein System zu finden. Wir haben viele Spieler ausprobiert und sind momentan mit unserer Arbeit zufrieden.

Am Montag trifft die USA auf Deutschland. Wie stark schätzen Sie die deutsche Mannschaft ein?

Wenn man es realistisch sieht, haben wir keine Chance. Aber Fußball hat ja schon gezeigt, was alles passieren kann. Wenn ich lese, daß wir eine zweitklassige Mannschaft haben, dann regt mich das schon auf.

Im amerikanischen Team gibt es einige Spieler mit Bundesligaerfahrung, Claudio Reyna, Chad Deering, Joe-Max Moore, Eric Wynalda. Belastet das oder beflügelt es eher?

Ich glaube, daß die Emotionen keine große Rolle spielen. Die Spieler, die Sie genannt haben, kennen den deutschen Fußball, und das kann nur von Vorteil sein.

Kürzlich hat der in Martinique geborene David Regis, dessen Muttersprache Französisch ist, die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. Wie bildet man aus solch einer kulturellen Vielfalt, wie in Ihrem Team, eine Einheit?

Fußball ist eine eigene Sprache. Man braucht da keine großen Sprachhürden zu überspringen. Und wenn man aus vielen Kulturen Spieler zusammenfaßt, dann kann das eigentlich nur von Vorteil sein. Wir haben Lateinamerikaner, Europäer und Amerikaner zusammengemixt in einem Team und damit verschiedene Fähigkeiten und Funktionen eingeführt.

Von der Bundesliga gingen Sie in die USA, um für Columbus Crew im Staate Ohio zu spielen. Fühlen Sie sich da in die fußballerische Provinz versetzt?

Der Druck und die Euphorie, die in der Bundesliga herrschen, sind hier wesentlich geringer. Aber das heißt nicht, daß es mir hier nicht gefällt. Was man hier ein bißchen vermißt, das ist die Öffentlichkeit, die hinter dem Fußball steht, wie das halt in Kaiserslautern, Leverkusen oder Schalke der Fall ist. Aber dafür ist es angenehmer, mit weniger Druck zu spielen. Es macht einfach Spaß. Das ist der größte Unterschied. Ich weine der Bundesliga nicht nach.

Die Popularität von Soccer in den USA scheint stark vom Abschneiden der Nationalmannschaft bei den Weltmeisterschaften abzuhängen.

Wenn wir in Frankreich die zweite Runde nicht erreichen, bricht der Fußball hier nicht zusammen. Soccer ist so verbreitet und wird von so vielen Kindern gespielt, daß durch das Abschneiden der Nationalmannschaft die Popularität des Sports nicht gefährdet ist. Aber wenn man Erfolg hat, dann kann man den Fußball richtig aufblasen.

Sie und andere Spieler planen, sich persönlich und auf eigene Kosten für eine PR-Kampagne in Sachen Fußball einzusetzen.

Wir haben den Eindruck, daß einfach zuwenig Öffentlichkeitsarbeit gemacht wird. Wir kommen in Hotels und Stadtgebiete, wo die Leute fragen, was für eine Mannschaft wir sind, und sogar Soccerfans in Washington wußten nicht, daß wir dort gespielt haben. Es gehört mehr dazu, als mal acht Tage vorher in der Zeitung oder im Fernsehen zu erwähnen, daß wir da oder dort spielen. Wir haben dem Verband unsere Hilfe angeboten, aber die wollen das allein machen. Deshalb war unser Gedanke, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen.

Sie sind jetzt 37 Jahre alt. Wie geht es weiter?

Noch eine Saison nach der WM, dann möchte ich aufhören. Ich will Trainer werden, ob in der MLS oder bei der Jugendnationalmannschaft oder an einem College, das weiß ich noch nicht. Ich warte ab, welche Möglichkeiten sich auftun.

Ihr Kommentar zur Meisterschaft des 1. FC Kaiserslautern?

Das hat mich natürlich unheimlich gefreut, weil ich immer noch eine Beziehung zu Kaiserslautern habe und ich in der Region aufgewachsen bin. Interview: Jochen Wierich