Umfrage: Rechtes Potential in der Jugend seit 1995 verdoppelt

■ Fast jeder zehnte Jugendliche erwägt, rechts zu wählen. Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit nehmen zu

Berlin (rtr/taz) – Immer mehr Jugendliche in Deutschland tendieren zu extrem rechten politischen Einstellungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Instituts Forsa. In der repräsentativen Umfrage gaben von 1.001 Befragten im Alter zwischen 14 und 25 Jahren neun Prozent an, sie könnten sich vorstellen, eine rechtsradikale Partei zu wählen. Unter den Jugendlichen aus Ostdeutschland bejahten diese Frage 17 Prozent. Im Jahr 1995 hatten auf die gleiche Frage fünf Prozent insgesamt und elf Prozent im Osten zustimmend geantwortet.

In den vergangenen drei Jahren hat auch die Tabuisierung rechtsradikaler Parteien abgenommen. Nach der von der Hamburger Zeitung Woche in Auftrag gegebenen Umfrage meinen heute 27 Prozent der Jugendlichen, rechtsradikale Gruppierungen wie DVU, „Republikaner“ oder NPD sollten genau wie andere Parteien behandelt werden. Seit 1995 haben laut Forsa vor allem Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit zugenommen. Heute sind 23 Prozent dafür, daß Ausländer jederzeit aus Deutschland ausgewiesen werden können. Vor drei Jahren waren es 15 Prozent. Nicht gewachsen ist der Anteil antisemitischer Einstellungen. Von den Jugendlichen, die sich vorstellen können, rechts zu wählen, halten acht Prozent Gewalt gegen Personen für legitim. Gewalt gegen Sachen und Gegenstände akzeptieren 14 Prozent dieser Gruppen.

Der Berliner Jugendforscher Hans Merkens kommentierte das Umfrageergebnis als „zum Teil dramatisch“. Rechts wählende Jugendliche seien heute keine Randgruppe mehr, sondern kämen aus der Mitte der Gesellschaft. Indem auch etablierte Parteien zunehmend mit einfachen Botschaften arbeiten, würden sie rechte Gruppen salonfähig machen: „Diese Infantilisierung der gesamten Politik kommt den extremen Gruppen zugute“, erklärte Merkens. r.a.

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