Da quakt des Knaben Wunderhorn

■ Uli Sobotta spielt heute und morgen auf dem Euphonium sein Soloprogramm „Blechente“ im Schnürschuh-Theater und sprach vorher mit der taz

taz: Herr Sobotta, hat irgendein Kind „guck mal die Blechente“ gesagt, als es Ihr Euphonium – das aussieht und klingt wie eine Mischung aus Horn und Tuba – gesehen hat, oder wie sonst sind Sie auf diesen Titel gekommen?

Uli Sobotta: Das geht ganz simpel zurück auf dieses knackende Blechspielzeug. Solch ein Ding hat mir meine Freundin mal geschenkt, und das Stück „Blechente“ selber ist ja auch ein Liebeslied.

Aber das Wort bringt schon sehr schön Ihr ganzes Solo-Programm auf den Punkt, und Sie quaken ja auch ordentlich auf Ihrem großen Horn herum. Wie sind Sie eigentlich als einer von Hunderten von angehenden Gitarristen in den 70er Jahren darauf gekommen, zu diesem obskuren Blechblasinstrument zu wechseln?

Nachdem ich vier Jahre Jazz-Gitarre gespielt hatte, paßte mir dieses ganze technische Rumgefiesel nicht mehr, und ich merkte auch, daß ich Probleme mit der Phrasierung hatte. Aus rein therapeutischen Gründen wollte ich lieber ein Instrument spielen, bei dem ich Luft holen muß, und mit 10 Jahren hatte ich schon im Posaunenchor meines Heimatdorfs gespielt. Als der aufgelöst wurde, hat mit meine Mutter ein altes Tenorhorn besorgt. Auf dem haben ich erstmal gespielt, und später haben ich mir dann in einem Musikladen aus dem Katalog ein Instrument ausgesucht, das geil aussah, und auf dem man offensichtlich tief spielen konnte. Es war reiner Zufall, daß dies eben das Euphonium war, und ich haben erst viel später gemerkt, daß es mit 4 1/2 Oktaven das Blechblasinstrument mit dem größten Tonumfang ist. Ein reiner Glückstreffer!

Und wie kam es dann zu dieser merkwürdigen Mischung aus Jazz-Avantgarde, wilden Stilmischungen und selbstironischem Witz, die Ihren Stil auszeichnet?

Mit dem Instrument bin ich dann schnell in alternativen Blaskapellen gelandet, und da hatten wir viel sehr unterschiedliches und skurriles Zeug auf dem Programm. Wo sonst kommt man schon dazu, die Filmmusik aus „Ghostbusters“ zu spielen oder, wie in einem anderen Projekt, nur Beerdigungsstücke zu interpretieren.

Spielen Sie in Ihrem Programmen gezielt auf die Lacher hin, oder fallen die so nebenbei mit an?

Da gibt es zwei Seiten: Einerseits will ich alles, was nur möglich ist, aus dem Instrument herausholen. Aber dann gefällt es mit auch wieder, darauf herumzufurzen. Eine Zeitlang habe ich etwa bei einem Stück immer Wasser ins Horn gegossen. Das hat dann geblubbert und alle haben gelacht. Aber für mich war das eher enttäuschend, denn ich hatte mir schon musikalisch etwas dabei gedacht, dies ausgerechnet bei diesem Stück und an dieser Stelle zu tun. Und da habe ich es dann lieber gelassen.

In Ihrem Programm sprechen und singen Sie, wechseln blitzschnell zwischen Instrument und eigenen Texten hin und her. Wie kam es zu dieser Mischung?

Reiner Zufall! Die Texte hatte ich geschrieben, ohne je daran gedacht zu haben, sie auch vorzutragen. Beim Musik-Kreativ-Festival von Saarbrücken 1992 wollte ich ursprünglich mit einer Band spielen. Aber plötzlich stand ich alleine da, die wollten ganz schnell ein Tonband mit meiner Musik haben, und da haben ich dann halt mit diesen Texten herumexperimentiert, und die Organisatoren haben das dann auch gleich genommen, obwohl sie es kaum verstanden haben können. Inzwischen traue ich mich da viel mehr, und ich versuche, indem ich etwa beim Sprechen nah am Mundstück bleibe, mit den Worten Musik zu machen.

Einige Kritiker vergleichen Sie wegen Ihrer Wortspiele mit Jandl oder den Dadaisten. Das ist ja eher eine literarische als eine musikalische Ecke.

Bei Dada kenn ich mich überhaupt nicht aus, und die Sachen von Jandl kenn' ich zwar, aber was er zusammen mit Musikern gemacht hat, gefiel mir eigentlich nie. Ich hör' viel Zappa, und meine Entwicklung geht jetzt mehr in die Rock-Richtung, zu meinen Roots.

Wilfried Hippen

Uli Sobotta gibt seiner Blechente heute und morgen abend ab 21 Uhr im Schnürschuh-Theater in der Neustadt Zucker