Sind Sie beschäftigt?
: „Allein in den vier Wänden verkümmert man“

■ Die Krankenschwester Brigitte Löffler hat die Probezeit wegen Krankheit nicht überstanden. „Man kann es sich nicht erlauben, krank zu werden.“ Einziger Vorteil: Mehr Zeit für's Kind

In Berlin gibt es 290.000 Arbeitslose, nur jeder vierte Einwohner lebt von Erwerbsarbeit. Doch auch wer keine Arbeitgeber hat, ist nicht ohne Arbeit. Die taz fragt deshalb: „Sind Sie beschäftigt?“

Die 38jährige Edith Löffler: Ich hatte bis vorgestern eine Arbeit als Krankenschwester in der häuslichen Krankenpflege. Weil ich noch in der Probezeit krank geworden bin, bin ich gekündigt worden. Ich habe ein Kapaltunnelsyndron, da ist der Nerv in der Hand eingeklemmt. Ich habe meine Patienten mit dem Rad abgeklappert und konnte kaum noch den Lenker halten. Am Donnerstag wäre mein Probehalbjahr zu Ende gewesen. Im Grunde kann man es sich nicht er

lauben, krank zu werden. Das ist gerade im sozialen Bereich sehr haarsträubend. Arbeitskraft zählt nur so lange, wie sie da ist. Ich schaue aber auf alle Fälle weiter. Es ist nicht so, daß mir die Decke auf den Kopf fällt. Aber um eine neue Arbeit zu finden, würde ich es nicht scheuen, obwohl ich Kind und Familie habe, wieder im Schichtdienst zu arbeiten und auch einen weiteren Fahrtweg in Kauf nehmen. Ich würde mich auch mehr mit dem Computer anfreunden. Aber das Arbeitsamt hat die Förderungsmittel leider gestrichen. Und dann fehlt mir auch der Führerschein. Das ist eine finanzielle Frage.

Meine freie Zeit jetzt kommt meiner Familie zugute. Vor allem meiner Tochter. Sie kann mit mir zusammen frühstücken, und natürlich hat sie es auch gerne, wenn die Mama mal bei Sportaktivitäten am Nachmittag zuschaut, was ich vorher in der Spätschicht nicht konnte. Jetzt muß ich aber erst mal gesund werden. Außer nach Arbeit zu suchen, würde ich auch mehr Kontakte mit Freunden pflegen, die etwas ins Hintertreffen geraten sind. Nur alleine in den vier Wänden verkümmert man. Mit meinen jetzigen Erfahrungen werde ich mir den nächsten Arbeitsvertrag dreimal durchlesen, ehe ich blindäugig unterschreibe, bloß weil mir die Decke auf den Kopf gefallen ist. Barbara Bollwahn

wird fortgesetzt