Nato-Truppen im Juli nach Albanien

■ Nato-Rat entscheidet sich für Vorverlegung des Manövers. Rußland setzt weiter auf politische Lösung im Kosovo. Tausende Kosovo-Albaner demonstrieren für sofortigen Nato-Einsatz

Brüssel/Moskau/Priština (AP/ dpa) – Die Nato wird angesichts der brisanten Lage in der serbischen Unruheprovinz Kosovo ihre Militärübung mit Albanien vorziehen. Der Botschafterrat der Allianz entschied gestern nach Auskunft aus Delegationskreisen, daß das von den Nato-Außenministern vor zwei Wochen beschlossene Manöver schon im Juli stattfinden soll. Es werde außerdem erwogen, den geplanten Flottenbesuch im albanischen Hafen Durres von August auf Juli vorzuziehen. Die Botschafter berieten außerdem über Möglichkeiten eines direkten Eingreifens im Kosovo. Darüber wollen die Verteidigungsminister bei ihrer Frühjahrstagung heute und morgen in Brüssel entscheiden.

US-Präsident Bill Clinton betonte in Washington, er sei entschlossen, die Wiederholung eines Blutbades wie in Bosnien nicht zuzulassen. Er sei auch bereit, direkt mit dem russischen Präsidenten Boris Jelzin zu sprechen, um dessen Unterstützung für ein härteres Vorgehen gegen den jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milošević zu erhalten.

Demgegenüber rief Rußland gestern erneut zu einer politischen Lösung im Kosovo-Konflikt auf. „Wir gehen weiter davon aus, daß jegliches militärisches Vorgehen der Nato außerhalb der Kompetenzen der Allianz nur mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrats möglich ist“, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wladimir Rachmanin, der Nachrichtenagentur Interfax. Es müsse „politischer Einfluß“ auf die Führungen Serbiens und des Kosovo ausgeübt werden, um sie zur Wiederaufnahme des Dialogs zu drängen.

Unterdessen nahm auch die internationale Kontaktgruppe gestern in Paris Beratungen über die Kosovo-Krise auf. Es werde über wirtschaftliche und militärische Maßnahmen gesprochen, mit denen das Blutvergießen beendet werden könnte, hieß es in Diplomatenkreisen. Damit soll das Treffen der Außenminister dieser Länder am Freitag in London vorbereitet werden. Frankreichs Präsident Jacques Chirac hatte sich am Vorabend nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair für eine Überprüfung aller Optionen ausgesprochen. Dazu gehöre auch ein militärischer Einsatz, wenn sich dies als notwendig erweise und die Vereinten Nationen so entschieden.

In Priština demonstrierten gestern Tausende Kosovo-Albaner für eine sofortige Intervention der Nato. Die etwa 5.000 Teilnehmer trugen Plakate mit der Aufschrift „Nato – hilf Kosovo“. Nach dem Ende der Kundgebung habe die serbische Polizei mehrere Demonstranten zusammengeschlagen, berichteten albanische Quellen in Priština. Debatte Seite 11