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■ Der Lyriker Dirk von Petersdorff erhält den Kleist-Preis

Ideologien sind in Mißkredit geraten. Spätestens mit dem Fall der Mauer ist die Geschichte wieder offen, und wir sind mittendrin. Wie es weitergeht, fragte treffend der erste Gedichtband von Dirk von Petersdorff. Der 32jährige Lyriker und Essayist, der in Kiel lebt, bekommt morgen für sein Schaffen den renommierten Kleist-Preis verliehen. Von Petersdorffs Programm für die Zeit nach den Utopien: Vielfalt, Zufall, Durcheinander. Es gibt nichts Neues, also mischen wir die Backlist. Das bedeutet für den Lyriker im Computerzeitalter, daß er verschiedene Sprachspiele kennen und vermengen muß. Die Code-Palette reicht vom Akademikerwitzchen bis zum Werbespot, vom Popzitat bis zur Spruchweisheit.

Weiß man sich nämlich nicht dem Pluralismus verpflichtet, kommt schnell „Lyrik für Loser“ (Petersdorff) heraus – wie bei einigen Kollegen. Petersdorff spart in seinen Essays, die er neben dem zweiten Gedichtband Zeitlösung 1995 publizierte, nicht mit Schelte für Orakler und Avantgardisten. Immer im politisch korrekten Ton fordert er, die Freiheit von Sinn auszuhalten. Daß einen die entstandene Leere und Belanglosigkeit manchmal mitnimmt, schreibt Petersdorff auch, natürlich als Zitat. „,Es treibt und treibt und kann nicht reifen', singt Peter Maffay. So fühle ich auch.“ Und das ist gut so.

Jörg Metelmann

morgen, 15.30 Uhr, Schauspielhaus