■ Urdrüs wahre Kolumne
: Dummkowsky aus Liebe

Lehr' mich einer die Weiber kennen: Hinter zwei luftig gewandeten Mädels verfolge ich die wechselnden Verlockungen auf dem Bildschirm eines Last Minute-Anbieters an der Obernstraße. Wenn man könnte, wie man wollte – glatt wären da zwei Wochen Zypern mit Flug und Verpflegung für einen Tausender zu haben. Und für weniger als 400 Mark ist ein Trip nach Lissabon zur EXPO zu buchen, wo im größten Aquarium der Welt ein ganzer Oceanpark ersäuft werden könnte. Die Grazien vor mir haben derweil zwei Wochen Jamaika im Visier und fragen sich ungeniert, „ob das ficktechnisch lohnt.“ Ein Sätzlein, das mich heftig erröten läßt, was leider nicht unbemerkt bleibt und das coole Statement provoziert: „Bei Dir läßt sich ja keine Rastalocke mehr drehen...“. Die fahrenden Sänger der edlen Minne – bei solchen Ritterfrolleins hätten sie schweren Stand!

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Wer sich nach dieser Alltagserfahrung nicht mehr auf Reisen wagt, dem empfiehlt sich gegenüber vom Ortsamt West die neue Schankwirtschaft „Dummkowsky II“ als erste Filiale der bekannten Discount-Kneipe am Waller Park: Bier, Wein, Kaffee, Bockwurst, Frikadelle und belegte Brötchen, alles für eine Mark. „Aus Liebe zu den Menschen“, was sonst kann das Motto einer solch wohltätigen Institution sein?? Und sicher sein darf man wohl, daß hier weder Hugo Habicht, der böse Erfinder, noch Dieter Trappmann, der Ausländeramtsleiter, dahinterstecken, sondern eher der Dalai Lama, Mutter Theresa oder sonstwas in der Richtung. Prost denn auch!

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Weil SPD-Fraktionschef Christian Weber sich für die Fortsetzung der Großen Koalition in Bremen ausgesprochen hat, soll er nach dem gottlob unmaßgeblichen Krähen der hiesigen Jusos 1999 den Hut nehmen. Ja wissen die jungen Wilden denn nicht, daß damit dieser Stadt auch ihr bekannter Heinrich Lummer-Parodist Ralf Borttscheller in offizieller Funktion verlorengeht? Daß dann auch Fischstäbchen-Senator Uwe wieder Zeit für den Kleingarten in Lehe hat und Perschaus Hartmut einen Posten als Kurdirektor auf Rügen zugewiesen bekommen muß? An solche Folgen muß man vorher denken!

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Werter Joachim Fischer, lieber Bruder in Christo! Der Herr über Leipziger Allerlei, Schweinebraten, Pils und Fürst-Pückler-Eis hat seine guten Gaben nicht geschaffen, damit Du im Protest gegen Abschiebungen durch hiesige Büttel mit Herzfehler zu Füßen des Bremer Roland den Hungerkünstler machst. Lasse also ab vom Hungerstreik!, gebietet dir UrDrü als gesalbter Prophet des Herrn. Der Tisch ist gedeckt, iß reichlich und stärke dich, denn die Bosheit ist groß im Land, und falls sie nicht von selber fällt, müssen wir sie niederschlagen. Außerdem sollten wir für die Schlacht um's Hollerland bei Kräften bleiben, wenn Commandante Gerold Janssen ruft...

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„Ist halt die Frage, welche Zwecke diese Auseinandersetzung mit Marx hat, wenn sie kein politischer Stammtisch sein soll“, formuliert taz-Rezensent Andreas Schnell in seinem Beitrag zu einem Vortrag der Marxistischen Abendschule in der Villa Ichon und belegt damit sein jugendliches Unverständnis für das, was solche Erbauungsstunden heute notwendigerweise sein müssen: Das einander Näherkommen von halbwegs Gleichgesinnten; denn 12 oder 20 Ohren hören früher als zwei, wann die wilden Raben wieder kreisen und kreischen. Und wenn dabei noch die einen oder anderen im revolutionären Furor für einander entbrennen, dann ist das schon ein bißchen mehr als das Rumgeknutsche auf der Love-Parade oder der nächstbesten Fisch-sucht-Fahrrad-Party irgendwelcher Stadtmagazine mit Leserreise zum Whale-Watching. Meint Eure Trost- und Ratgebertante

Ulrich Reineking etc.