■ Vorschlag
: Kritische Ehrenrettung: Kabarett zur 48er Revolution im Tränenpalast

Baden 1848: Die Demokratiebewegung unter der Führung Friedrich Heckers ist politisch zahnlos und nimmt ein blutiges Ende. Das Ergebnis ist bekannt, in Deutschland existiert kein revolutionäres Potential, statt dessen übernehmen die Gremienspießer der institutionalisierten Sozialdemokratie die Funktion gesellschaftlichen Fortschritts. Die „Revolution“ indessen ist zum Allgemeingut bürgerlicher Politiker und Geschichtslehrer geworden. Auch eine Subversion durch Affirmation: So, wie sich demonstrierende Studenten durch Umarmung unschädlich machen lassen, kann man auch erfolglose Revolutionäre eingliedern.

Bei solcher Übermacht des Spießertums bleibt die Gesellschaftskritik verhältnismäßig ruhig und nimmt sich so die Chance, zumindest darauf hinzuweisen, daß auch in Deutschland die Bevölkerung bereit war, gegen soziale Ungerechtigkeit auf die Straße zu gehen. Dabei ist die Revolutionsbegeisterung der Konservativen ein so dankbares Sujet, daß selbst das politische Brettl noch einmal auftrumpfen kann. Den Beweis treten die Kabarettisten Matthias Deutschmann und Georg Schramm sowie der Pianist Helmut Lörscher heute und morgen im Tränenpalast an, bei einem Tourneegastspiel aus dem Südwesten der Republik. Wobei ihr „bunter Abend für Revolutionäre“ die Lobgesänge den Konservativen keinesfalls entreißen will, um sie für die eigene Sache zu verwenden. Ihre kabarettistische Ehrenrettung der Revolutionäre verzichtet nicht darauf, nationalistische Untertöne, Antisemitismus und politische Naivität der Revolte zu thematisieren. Sanft satirisch präsentiert Deutschmann als Bänkelsänger die Original-Lieder von 1848 in modernem Zungenschlag, und ziemlich düster liest Georg Schramm als preußischer Gast den Nostalgikern die Leviten: eine kritische Würdigung der einzigen deutschen Revolution, mit der das Trio durchaus auch eine Lanze für das politische Kabarett bricht. Falk Schreiber

13. und 14. Juni, 20 Uhr im Tränenpalast, Reichstagsufer 17