Ruhe im Hirtenland: Ein Bergedorfer Pavillondorf gibt ein positives Beispiel

Ramiza Bucan ist zufrieden. Erst war sie skeptisch: Vier Jahre hatte sie mit ihrer Familie auf den Schiffen in Neumühlen gelebt, und jetzt mußte sie umziehen – ans andere Ende der Stadt und obwohl zwei ihrer fünf Kinder die Schule wechseln mußten. Doch dann hat sie das Pavillondorf „Hirtenland“ in Bergedorf gesehen, und alles war plötzlich nur noch halb so schlimm. „Auf dem Schiff hat es immer so gewackelt“, lacht auch ihre 7jährige Tochter Erma.

Mit der neuen Belegung des Pavillondorfes sind auch die AnwohnerInnen zufrieden, und die hätten sich das im Vorfeld nun wirklich nicht träumen lassen. Als p&w im März beantragte, zusätzlich zu deutschstämmigen Aussiedlern auch Flüchtlingsfamilien dort unterzubringen, waren AnwohnerInnen auf die Barrikaden gegangen, weil sie „Unruhe“ fürchteten. Das Gegenteil trat ein: „Die Unterkunft ist ruhiger geworden“, kann der stellvertretende Leiter Thomas Lagis berichten. Die Flüchtlingsfamilien, so seine Beobachtung, bilden ein „Gegengewicht“ zu den Aussiedlern. Wenn diese, wie zuvor, auf dem Parkplatz vor dem Gelände laute Partys veranstalten wollten, sorgten die anderen BewohnerInnen des Dorfes für die von ihnen gewünschte Ruhe.

Vorher, so Lagis, sei die Unterkunft der Treffpunkt jugendlicher Aussiedler aus der ganzen Umgebung gewesen. Deren Problem sei absurderweise, daß sie dank der Entspannung auf dem Wohnungsmarkt recht schnell eigene Wohnungen beziehen können. So schnell, daß ihnen nicht genügend Zeit bliebe, sich in Hamburg einzuleben, ehe sie in die Isolation der eigenen vier Wände ziehen. Anlaufstelle für Beratung und vor allem Kontakte wäre deshalb das Pavillondorf – auch für Jugendliche, die dort schon lange nicht mehr leben.

Ende März hatte die Bezirksversammlung Bergedorf dem p&w-Antrag zugestimmt, mittlerweile dürfen auch in einer zweiten ehemaligen Aussiedlerunterkunft im Bezirk Flüchtlinge untergebracht werden. „Bei vielen deutschen Familien aus der Nachbarschaft wurde deutlich, daß sie einfach ihre freie Wiese zurückhaben wollten“, so Lagis. „Die würden auch protestieren, wenn hier ein Studentenwohnheim entstünde.“

Nicht zuletzt über Gespräche hätten sich die meisten besänftigen lassen. Zum Beispiel eine ältere Frau. Die habe sich vorher lauthals beschwert, UnterkunftsbewohnerInnen hätten Bierdosen in ihren Garten geworfen. Als die Verwalter des Pavillondorfes zum Ausgleich mal ihr Laub mit entsorgt hätten, wäre das plötzlich nicht mehr so schlimm gewesen.

So ist rund um das „Hirtenland“ Ruhe eingekehrt. Die Bürgersprechstunde, die p&w aufgrund der Proteste eingerichtet hat und auf die regelmäßig in den Lokalzeitungen hingewiesen wird, wurde noch nicht einmal besucht. ee