„Männer führen ist schwer“

■ Als sie sich bei der Polizei bewarb, ahnte Bremens erste Oberkommissarin bei der Schutzpolizei nicht, was noch kommt. Heute liebt Korinna Klaschka die Herausforderung

In jedem Fernsehkrimi gäbe Korinna Klaschka eine glaubhafte Kommissarin ab: sportlich, attraktiv, mit 31 Jahren jung genug, um noch groß rauszukommen. Aber Korinna Klaschka gibt es wirklich. Als Bremens erste Oberkommissarin bei der Schutzpolizei. Daran ist vor allem ihre Pferdeliebe schuld.

Als die angehende Abiturientin 1986 einen Artikel über die erste Frau bei Berlins berittener Polizei las, stand fest: „Da will ich hin.“ Die Bremer Polizei bildete damals noch keine Frauen aus. Es folgten Eignungstests – und schließlich der Sprung einer jungen Frau aus der Provinz ins Berlin der 90er Jahre. Nach und nach wurde Korinna Klaschka dort erwachsen. Aber bis zum Einsatz bei einer gewalttätigen Straßenschlacht zum 1. Mai in Kreuzberg sollte es noch Jahre dauern.

Bei ihrer Bewerbung hatte sie an sowas nicht gedacht. Auch nicht an den bevorstehenden Drill, den Appell und die Ausbildung an dem MG, ohne die der mittlere Dienst bei der Berliner Polizei gar nicht denkbar war.

„Gut, daß ich vorher nicht wußte, was alles auf mich zukommt“, sagt Korinna Klaschka heute. „Je später der erste wirklich schlimme Einsatz, desto besser.“ Ihr reichte es anfangs auch schon so: Mit 32 anderen im reinen „Frauenzug“ zum Appell antreten oder im Gleichschritt marschieren – all das war neu. So neu, daß die jungen Frauen, wenn vorne eine stolperte, hinten losprusteten. „Aber unser Ausbilder fand das gar nicht witzig“, erinnert sie. Befehlen zu folgen war manchmal wie Schock – nicht nur für das Bremer Einzelkind. „Da mußtest du dich an die Wand stellen, dann wurde der Größe nach sortiert. Schulter zurück, hieß es dann.“ Heute denkt die Bremer Polizistin, daß solche Erfahrungen jungen Frauen auch gut tun können. Aber damals war es für sie eigentümlich zu wissen, daß neben ihr auch Frauen strammstanden, die zu Hause schon Familie und Kinder hatten.

Korinna Klaschka hatte Heimweh nach Bremen, wo sie alles inklusive Freund zurückgelassen hatte. Aber als ein Jahr später auch in Bremen Frauen in den Polizeidienst aufgenommen wurden, entschied sie sich doch gegen den Wechsel. „In Berlin hatten die da ja schon zehn Jahre Erfahrung mit Frauen.“ In Bremen fürchtete sie, Versuchskaninchen zu werden.

Um zur überwiegend männlichen Truppe zu gehören, verlangte die angehende Polizistin sich einiges ab. „Wenn bei einer schwierigen Übung von hundert Männern ein paar nicht mitmachen, fällt das kaum auf.“ Aber wenn von drei Frauen eine ausfällt, die beispielsweise nicht fünf Meter in die Tiefe springt, „dann fällt das wohl auf.“ Klaschka sprang. Die Belohnung war das „Du gehörst zu uns.“

„Wenn ich meinen Weg gehen will, dann tue ich das auch“, lacht die Kommissarin. So erreichte sie auch die Versetzung – vom Berliner Spandau in die Bremer Neustadt, später in ihr heutiges Revier Horn. Hier avancierte sie vor einem Jahr von der Kommissarin zur Oberkommissarin. Mittlerweile ist noch eine Kollegin gekommen. „Männer führen ist schwer“, sagt Korinna Klaschka ganz offen. Und daß die alltäglichen Herausforderungen, ob im Revier oder beim Einsatz, den Beruf für sie so interessant machen. „Wir haben's ja leider nicht so gut wie die Feuerwehr, da freuen sich alle, wenn die kommt, auch wenn die alles kaputt macht“, lacht Klaschka. „Wir Polizisten sind ja oft nicht so willkommen“. Viel hängt dann davon ab wie man reagiert – ohne Muckis. „Da sind uns Frauen die Männer immer überlegen.“ Aber nicht in der Deeskalation.

„Männer gehen nicht gerne klein runter“, hat die Oberkommissarin beobachtet. „Frauen können das eher.“ Das merken auch Kollegen – von denen einige jetzt erst erfuhren, daß Korinna Klaschka die erste Oberkommissarin bei der Schutzpolizei ist, die Bremen je hatte. Das kam durch eine Einladung der Frauensenatorin an insgesamt rund 300 „Erste“. Zum Senatsempfang kam die Kommissarin übrigens im Rock. „Ich bin eine Frau. Wenn junge Mädels zu uns kommen, sag' ich immer, versuch nicht die Männer zu kopieren. Auch wenn du vielleicht öfter weinst.“

Eva Rhode