■ Zwischenruf
: Die Bremer SPD glaubt an Kohl

Er ist wirklich kein politischer Esel, unser Vetter Christian. Etwas besseres als das Regierungsbündnis mit der CDU kann ihm und seiner SPD-Fraktion in Bremen nicht widerfahren. Keine großen öffentlichen Herausforderungen durch den schlafmützigen Partner, immer die Garantie einer satten Abstimmungsmehrheit, was auch die Insider beschließen. Über Abweichler darf gelacht werden. Zustände wie bei König Richard (Boljahn), nur daß der Politik machte. Die gegenwärtigen Bremer Koalitionäre halten sich aber wie zwei Riesenfaultiere umarmt und wiegen sich in unpolitischem Schlaf. Da kann der Altersvorsitzende Neumann in der CDU unangefochten weiter überwintern und auch in der SPD bleiben Neuerer aus, weil sowieso chancenlos. Die Große Koalition erstickt alle politische Aufbruchstimmung. Die Partei der Nichtwähler aber wächst, womöglich auch die Rechten; denn daß die Jungen Kunkelbündnisse wie das Eure verachten, wissen längst alle wahrhaften Demokraten und scheuen darum allerorten solche sterilen Umarmungen von Kolossen. Wo sich große Koalition nicht vermeiden ließ, drängt wenigstens die SPD aus ihr heraus, siehe Meck-Pomm. Aber Ringstorf ist ein kreativer Geist, der auf mehr als bloßen Machterhalt aus ist. Nun sagt sich unser Vetter Christian vielleicht, was soll ich auf politischen Aufbruch setzen, wo bei uns Politik sowieso nicht mehr bezahlbar ist. Wo nur noch überwintert werden kann, sucht man sich das bequemste Lager, und das sind nun mal Mikes Arme. Aber Winter gehen zu Ende und Frühling findet in Bremen nur noch mit Bundeshilfe statt. Wer in Bremen mit der CDU die nächsten Jahre weiter verschlafen will, rechnet entweder mit keiner Hilfe mehr aus Bonn oder glaubt noch an Kohls Sieg. Rot-Grün in Bonn verlangt von der Bremer SPD mehr als die Behäbigkeit der Großen Koalition. Ein wenig Sicherheitspolster im Bundesrat könnte nicht schaden. Wenn Bremens SPD in Bonn nach der Bundestagswahl noch ernst genommen werden will, muß sie vor der Wahl dumme Koalitionssprüche lassen. Lieber Christian, mit wem Du dereinst koalierst, wird Oskar Dir schon sagen. Der Bremer Aufbruch geht wie in Bonn nur über Rot-Grün. Recht hast Du aber, daß es für Dich dann schwieriger wird. Ängstige Dich aber nicht. Du und das SPD-Establishment bleiben auch dann. Wen gibt es denn in der Bremer SPD, der Euch stürzen könnte?

Horst Werner Franke, Senator a.D.