Erfolgreich mit geliehenen Ideen

4.000 Unternehmer versuchen im Jahr ihr Selbständigen-Glück mit einer bewährten Geschäftsidee: Sie eröffnen ein eigenes Geschäft im Franchiseprinzip  ■ Von Horst Peter Wickel

Berlin (taz) – Existenzgründer sind rar in Deutschland. Doch allein 4.000 Unternehmer wagten im vergangenen Jahr mit gekauften und bewährten Ideen den Schritt in die Selbständigkeit. Sie übernahmen einen Betrieb im Franchiseverfahren. 1995 und 1996 eröffneten jeweils 3.000 neue Betriebe nach diesem System. Der Umsatz der Franchiser überstieg 25 Milliarden Mark und nach Angaben des Deutschen Franchise- Verbandes entstanden annähernd 100.000 Arbeitsplätze – auch wenn es sich dabei häufig um schlechtbezahlte Jobs auf Teilzeitbasis oder für Geringverdiener handelt.

Viele Partner der mehr als 500 bundesweiten Franchiseideen wirken durch gemeinsame Werbung und Vermarktung wie ein Großunternehmen. Ob die Hamburger- Kette McDonald's, Foto-Quelle und Photo-Porst, der Tiefkühl- Heimservice Eismann, Obi-Baumärkte, Quick-Schuh oder die Sonnenstudios Sunpoint, Schulungseinrichtungen wie Studienkreis, Future Kids oder Musikschule Fröhlich – sie alle funktionieren nach dem Franchiseprinzip. Wissenschaftlich definiert wird es als „vertikal-kooperativ organisiertes Absatzsystem rechtlich selbständiger Unternehmen auf der Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses“.

„Vor allem die beklagte Dienstleistungslücke in Deutschland wird von serviceorientierten Franchise- konzepten geschlossen“, sagt Udo Floto, Verbandspräsident und Geschäftsführer des Tiefkühl-Anbieters Eismann. Der Franchisegeber, der ein Konzept für Beschaffung und Vermarktung entwickelt hat und häufig auch über Schutzrechte verfügt, läßt die Franchisenehmer als Partner an seiner Idee mitwirken und mitverdienen. Allerdings verlangt er eine Einstiegsgebühr und eine – meistens am Umsatz orientierte – Beteiligung. Dafür verpflichtet er sich, die Franchisepartner durch Schulungen, Erfahrungsaustausch und gemeinsames Marketing zu unterstützen. Allerdings wird damit der Handlungsspielraum der Franchisenehmer eingeschränkt. Wenn der örtliche Anbieter zu eigenständig vorgeht, droht die Zentrale mit Rauswurf.

Aufgrund der Arbeitsmarktsituation steigt die Zahl der Interessenten an der „Selbständigkeit mit Sicherheitsnetz“ (Welt am Sonntag) ständig an. „Rund sieben bis acht Prozent geben im ersten Jahr auf, zur Hälfte aus wirtschaftlichen und zur Hälfte aus privaten Gründen“, sagt Franz Hofer vom Franchiseverband. Auch wenn für Franchisenehmer die Gefahr geringer ist, mit einer eigenen Firma auf die Nase zu fallen, ist Vorsicht geboten. Verbandspräsident Floto warnt vor „schwarzen Schafen“, und der Verband hat bereits einigen Anbietern die Mitgliedschaft verweigert.

Franchisegeber, die ihre Partner als Melkkuh betrachten, gibt es häufiger. Die Münchner Rechtsanwältin Andrea Maira Wessels wundert sich daher, daß sich Franchisenehmer auf ihrem Gang in die Selbständigkeit oft mit „bunten Werbeprospekten zufriedengeben“. Ehrgeizige Jungunternehmer lassen sich auch von Versprechungen über Spitzeneinkommen bei geringer Arbeitsbelastung blenden. Die risikolose Auswahl unter den verschiedenen Systemen ist schwer: Für neue Franchiseideen gibt es in Deutschland kein Qualitätssiegel und keine amtliche Überprüfung. Deshalb hilft am Anfang nur „fragen, fragen, fragen“, so Wessels. Dazu sollten Informationen über den Franchisegeber vom Steuerberater, Anwalt, der Handelskammer, dem Verband, anderen Franchisepartnern und durch eine Bankauskunft eingeholt werden.

Auch die Zentralen der Franchisegeber überlegen sich vor jeder neuen Partnerschaft genau, ob der neue Franchisenehmer geeignet sind. Nur durch strikte Auflagen kann der Franchisegeber sicherstellen, daß die Geschäftsidee richtig und erfolgreich ungesetzt wird. Bei manchen Unternehmen, sagt Floto, werden von zehn Bewerbern nur zwei akzeptiert.