Jasmin O. entlassen

■ Handwurzel-Gutachter bezweifelt Alter des jungen Autodiebs. Rode: „Vergeudete Zeit“

Die beteiligten Justizbeamten waren am letzten Donnerstag völlig überrascht. Der medizinische Gutachter W. Reisinger war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob Jasmin O. wirklich älter als 14 Jahre und damit strafmündig sei. Das Alter, so Reisinger, könne sich doch um einige Monate verschieben. Damit wich der Mediziner von seinem Gutachten zu Jasmins Handwurzelknochen ab, wonach dessen Handskelett das einer zwischen 14 und 15 Jahren alten Person sei. Das Amtsgericht Tiergarten hob daraufhin den Haftbefehl gegen den als Autodieb bekannten Bosnier Jasmin O. auf und entließ ihn nach elf Wochen aus der Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft befragt die Mediziner nun weiter, denn nach Auskunft der Polizei gehen mehr als 100 Straftaten auf das Konto des Jugendlichen. Bisher mußte die Polizei den Jungen jedesmal laufenlassen, weil er nach Aktenlage erst im September 14 Jahre alt und damit strafmündig wird. Die Eltern von Jasmin erwähnten im Haftprüfungstermin am Donnerstag auch eine Geburtsurkunde Jasmins, die seinen Geburtstag im September 1984 belegen könnte. Diese befinde sich in Bosnien. Bisher hatte diese immer als unauffindbar gegolten.

Die Jugendstadträtin von Tiergarten, Elisa Rode, ärgert sich über die drei Monate, die der junge Dieb als „vergeudete Zeit in der U-Haft“ verbringen mußte. Sie hatte die Altersbestimmung schon immer angezweifelt, weil die angewandte Röntgenuntersuchung als Methode umstritten sei.

Die US-amerikanischen Vergleichsdaten, so Rode, könnten nicht auf Kinder aus Balkanländern angewandt werden, so Rode. Die grüne Stadträtin hatte stets für die Erstellung eines psychologischen Gutachtens über Jasmin O. plädiert.

Die Eltern von Jasmin holten ihren Sohn aus der Strafvollzugsanstalt „Kieferngrund“ ab. Nach Informationen der Jugendstadträtin wollen die Eltern mit Jasmin noch in diesem Monat nach Ex-Jugoslawien ausreisen. Jasmin selbst würde lieber in Berlin bleiben und in einer Wohngemeinschaft wohnen. Das dürfte, laut Rode, schwierig werden, weil Jugendliche 15 oder 16 Jahre alt sein müssen, bevor sie in einer Jugend-WG wohnen dürfen. Kirsten Küppers