■ Kommentar
: Wie aus der Konserve

Ganz nah hatte sich SFB-Intendant Horst Schättle herangewagt. Wie eine Maus, die denkt, die Katze schliefe. Heimlich wollte er seinen Kollegen Ulrich Anschütz zum Fernsehdirektor machen, obwohl der SPD-Mann ist. Doch die Katze schlief nicht. Sie hat dem Intendanten die CDU-genehme Barbara Groth aufgezwungen. Jetzt steht er nicht nur als schwacher Intendant, sondern auch als ungeschickter Taktierer da. So weit der Intendant.

Und die künftige Fernsehchefin? Barbara Groth ist auf dem CDU-Ticket durch ihre Karriere gereist. Die Zuneigung zur Partei geht so weit, daß sie als ZDF-Innenpolitikchefin nach der Sachsen-Anhalt-Wahl 1994 Christoph Bergner trotz eindeutiger Verluste als Wahlsieger beglückwünschte. Inzwischen ist sie Chefin des Parlamentskanals Phoenix und lächelt öfters etwas unbeteiligt, wenn ihr Co-Chef Klaus Radke spricht. Immerhin: Das Gekungel zwischen Rundfunk und Parteien ist ihr vertraut, in Westberliner Politikkreisen kennt sie sich aus – ihr Mann ist der konservative Bauunternehmer Klaus Groth –, und auf den staubigen SFB-Fluren ist sie ehedem auch schon mal gegangen. Allein der SFB braucht etwas anderes. Neue Qualitätsmaßstäbe und Programmideen sind vielmehr im Kulturbereich oder beim Fernsehspiel notwendig: Erst kürzlich präsentierte der Sender der ARD einen „Tatort“, den die nicht sonntags um 20.15 Uhr, sondern lieber werktags um 23 Uhr senden wird. Dort, wo gewöhnlich Wiederholungen laufen. Vielleicht ist Groth auch so: neu, aber eigentlich nur eine schlechte Wiederholung der SFB- Tradition. Georg Löwisch