Weiter regieren wollen

■ Die FDP will Politik verändern, aber die Regierung soll nicht abgewählt werden

Bonn (taz) – FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle hat mit seinem Buch „Neuland“ die Wahlkampfstrategie seiner Partei über den Haufen geworfen. Parteichef Wolfgang Gerhardt verkündete, daß die FDP ihre Koalitionsaussage zugunsten der CDU/CSU schon bei ihrem Parteitag in Leipzig am übernächsten Wochenende treffen werde.

Ursprünglich wollte die FDP diese Entscheidung erst bei ihrem dritten Parteitag in diesem Jahr, Ende August, fällen. Das Interesse der Öffentlichkeit sollte wenige Wochen vor der Bundestagswahl noch einmal auf die FDP gelenkt werden. Nach den durch das Westerwelle-Buch ausgelösten Diskussionen um die Kohl-Nachfolge und die Koalitionsfrage sah sich die FDP-Parteispitze aber gezwungen, die Entscheidung der Koalitionsfrage vorzuziehen.

Mit säuerlicher Miene begründete Parteichef Gerhardt die Lage: „Ich will keine Sommerpause haben, in der die Partei ständig über die Koalitionsaussage spricht.“ Bisher hatte sich nur Jürgen Möllemann öffentlich für eine Koalition mit der SPD ausgesprochen. Die FDP fürchtet aber offenbar Nachahmer. Der Parteitag im August soll nicht abgesagt werden. Es werde dann darum gehen, „die Truppen zu sammeln“, begründete Gerhardt. Statt der SPD-Parole „Kohl muß weg“ hatte Westerwelle die Parole „Der Stab muß weitergereicht werden“ ausgegeben. Dadurch waren zahlreiche Abgeordnete der FDP ermutigt worden, die Ablösung von Kanzler Kohl durch Fraktionschef Wolfgang Schäuble zu fordern. Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff sagte gestern, es sei, „selbstverständlich“, daß sich die Union auf Kohls Nachfolge einzustellen habe. Markus Franz