Sozis streiten um Sozialhilfe

Sollte die SPD-Bundestagsfraktion gegen die Streichung der Sozialhilfe für Flüchtlinge stimmen, werden die SPD-Länder im Bundesrat eigene Wege einschlagen  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Die Bedenken der SPD-Bundestagsfraktion gegen die Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes lassen den niedersächsischen Innenminister Gerhard Glogowski kalt. Er kündigte gestern eine SPD-Mehrheit im Bundesrat für die Gesetzesänderung auch für den Fall an, daß die SPD-Bundestagsfraktion im Bundestag gegen die geplanten Leistungsstreichungen stimmt. „Ich mache die Zustimmung im Bundesrat nicht vom Verhalten der SPD-Bundestagsfraktion abhängig“, versicherte der Sprecher der SPD-Länderinnenminister.

Der Verlust aller Sozialhilfeansprüche, den die Gesetzesänderung vorsieht, soll nach Auffassung Glogowskis abgelehnte Flüchtlinge treffen, „die Pässe wegwerfen und nicht sagen, aus welchem Land sie kommen“, und alle übrigen Flüchtlinge, „die abgeschoben werden könnten und verpflichtet sind, nach Hause zu gehen“.

Glogowski sprach sich gegen die Absicht von Bundesinnenminister Kanther aus, auch allen illegal eingereisten Flüchtlingen den Leistungsanspruch zu streichen. Dazu teilte gestern das für Sozialhilfe zuständige Bundesgesundheitsministerium mit, illegal eingereiste Flüchtlinge sollten für diesen Straftatbestand nicht auch noch „belohnt werden“. Auch die Bosnien- Flüchtlinge will der niedersächsische Innenminister von der Streichung ausgenommen sehen.

Den Flüchtlingen, die durch die Gesetzesänderung ihre Ansprüche verlieren sollen, sicherte Glogowski zu, daß sie „künftig Essen und Trinken und ärztliche Versorgung, aber nicht mehr“ erhalten würden. Dieser Anspruch auf eine Minimalunterstützung ergibt sich aus dem Artikel 1 des Grundgesetzes, der zum Schutz der Menschenwürde verpflichtet. Beamte aus dem Innenministerium in Hannover befürchten nach der Gesetzesänderung eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten und einen erheblichen Verwaltungsaufwand, dessen Kosten die Einsparungen am Lebensunterhalt der Flüchtlinge bei weitem übersteigen.