Witz komm raus, du bist umzingelt

■ Am Sonntag wollen die Bewegung "Groß-Friedrichshain" und die Kreuzberger "Landwehr in Gründung" auf der Oberbaumbrücke gegen die Zusammenlegung ihrer Bezirke spaßkämpfen

Der Polizeipräsident steht vor einem schweren Sonntag. Für den Sommeranfang haben sich auf der Oberbaumbrücke Spaßguerillas aus Ost und West angesagt. Die Kontrahenten: Der bewaffnete Arm der Bewegung „Groß-Friedrichshain“ und die „Kreuzberger Landwehr in Gründung“, der militärische Flügel der KPD/RZ (Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum). Der Grund ihres Aufeinandertreffens: die Bezirksreform, nach der Friedrichshain und Kreuzberg zusammengelegt werden sollen.

Der PDS-Abgeordnete Freke Over hat nach der Parlamentsentscheidung „starke separatistische Bestrebungen“ und ein „Erstarken militanter Kräfte“ in Kreuzberg ausgemacht. Einen „bewaffneten Kampf für ein Kreuzberg in den Grenzen von SO 36“ will er nicht ausschließen (taz berichtete). Um dementsprechend entgegenzuwirken, hat er vergangene Woche eine „Kundgebung zur Feier des Anschlusses“ angemeldet und die Polizei wegen zu erwartender „großräumiger Straßenschlachten im Umfeld des Festaktes“ um entsprechende Präsenz gebeten. Die Polizei, die bei derlei Ankündigungen keinen Spaß versteht, zeigt den gebührenden Ernst. Ein Herr Haß vom Referat Ordnungsbehördlicher Staatsschutz teilte Over jetzt schriftlich mit, daß aus der Anmeldung ersichtlich sei, „daß Sie anläßlich der Versammlung mit Verstößen gegen die Gebote der Friedlichkeit und Waffenlosigkeit rechnen“. Eine entsprechende Verbotsverfügung sei schon vorbereitet. Ob es als Spaßbekenntnis der Polizei zu werten ist, daß Over die Gelegenheit erhielt, schriftlich eine „anderslautende Gefahrenprognose“ abzugeben, sei dahingestellt. Jedenfalls hat der PDS-Abgeordnete gestern Herrn Haß mitgeteilt, daß seine Versammlungsanmeldung „gründlich mißverstanden“ worden sein muß. „Die Bewegung für ein Groß-Friedrichshain beabsichtigt selbstverständlich, sich friedlich und ohne Waffen unter freiem Himmel zu versammeln“, schrieb Over. Hinweise zu „separatistischen Terroristen“ seien der „freundliche Versuch“ gewesen, „Sie auf die wahren Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung drohen, hinzuweisen“. Zum Schluß fragt Over höflich an, was aus seiner Nachfrage bei „meinem Innensenator“ zur Überlassung nicht diensttuender Wasserwerfer geworden ist.

Solidarität erfährt Over derzeit nur von seinen „Kontrahenten“. „Mao“ von der KPD/RZ betonte gestern gegenüber der taz, daß sie keine eigene Veranstaltung anmelden werden — „um die von Over nicht zu gefährden“. Außerdem habe Kreuzberg nicht vor, Friedrichshain „einzunehmen. „Viel zu popelig.“ Die „Kreuzberger Landwehr in Gründung“ hat Größeres vor: Ganz Berlin soll den Namen Kreuzberg tragen. Sollte Overs Veranstaltung verboten werden, will die KPD/RZ eine eigene anmelden. Für die Polizei gibt es so oder so nur eine Taktik: Die Veranstaltung bis an die Zähne bewaffnet begleiten und laut brüllen: „Witz komm raus, du bist umzingelt!“ Barbara Bollwahn