Ford fehlen Türschlösser

■ Weil ein Zulieferer nicht liefert, mußte Ford die Produktion des Fiesta einstellen

Berlin (taz) – Für die rund 3.000 Beschäftigten in den Ford-Werken Köln-Niehl kam es so überraschend wie hitzefrei: Sie durften am Dienstag gleich im Bett bleiben. Doch nicht das Wetter war der Grund, tatsächlich nieselte es leicht, sondern fehlende Einbauteile. Weil die Zulieferfirma Kiekert AG nach eigenen Angaben „Probleme mit der Software“ hat, kommen seit Mittwoch vergangener Woche keine Türschlösser für die Ford-Modelle Fiesta und Puma mehr bei den Autobauern an. Inzwischen sind die mickrigen Lagervorräte aufgebraucht: Die Produktion ruht. Bereits Montag hatte Ford seine Arbeiter mit allerlei unüblichen Kram beschäftigt, gestern gab es endgültig nichts mehr zu tun.

„Wann es weitergeht, wissen wir nicht“, mußte Pressesprecher Christoph Sieder gestern nachmittag einräumen, der im Gegensatz zu den Monteuren mehr als sonst zu tun hatte. Die Kiekert AG habe keine Ford-Mitarbeiter in die Heiligenhauser Anlagen gelassen, wo die Teile hergestellt werden. „Wir haben keine Informationen, was dort nicht stimmt.“

Das und die Tatsache, daß die Kiekert-Unternehmensleitung derzeit mit der Ford-Spitze über neue Verträge für die Lieferung der Schlösser verhandelt, läßt es in der Gerüchteküche brodeln. Nicht nur Vertreter von Ford, sondern auch Analysten rätseln darüber, ob die Kiekert AG sich nicht nur eine bessere Ausgangsposition sichern will, indem es seine Quasimonopolstellung auf dem Markt demonstriert. Schließlich versorgt das Unternehmen die gesamte deutsche Autoindustrie mit Türschlössern.

Allerdings ist auch Ford nicht wehrlos. Die Kölner haben beträchtlichen Anteil am Umsatz der Kiekert. Und ihr Mutterkonzern beherrscht weite Teile des US- Marktes, den das Zulieferunternehmen gerade zu erobern versucht. Da wäre ein Lieferboykott eigentlich ungeschickt.

Börsenanleger befürchteten offenbar, daß Ford sich von Kiekert zurückzieht – nicht umgekehrt. Die Aktien des Zulieferes brachen um 8,11 Prozent ein. Experten erwarteten zwar, daß sich der Wert bald wieder fängt, wenn es zu einem Verhandlungsergebnis mit Ford kommt. Aber nur unter dem Vorbehalt, daß Ford keine Entschädigung von seinem Zulieferer fordert. Der Autobauer hat jedoch bereits erklärt, er prüfe Wege, seinen Verlust auf den Türschloßfabrikanten abzuwälzen – laut Ford geht es um bis zu 40 Millionen Mark täglich.

Allerdings scheint der Autokonzern bereits mit allen Mitteln zu versuchen, die Ausfälle zu minimieren – auch auf dem Rücken der Beschäftigten. Während Ford- Sprecher Sieder erklärte, die Arbeiter würden „selbstverständlich bezahlt“, berichtete die Kölner Rundschau über Druck auf die Beschäftigten. Am Montag habe jeder zehnte Beschäftigte eine Freischicht zu Lasten des Arbeitszeitkontos genommen. Offenbar gegen den Wunsch des Betriebsrates. Die Zeitung zitierte Betriebsratschef Wilfried Kuckelkorn, der gestern nicht für eine Nachfrage zu erreichen war, mit dem Vorwurf, „Freischichten sind nicht dafür da, Streitigkeiten zwischen Ford und den Zulieferern zu überbrücken“. Beate Willms