■ Argumente gegen den Transrapid
: Mehr Verkehr statt mehr Mobilität

Bis Ende September will der BUND 90.000 Unterschriften sammeln, um das Thema Transrapid wieder auf die Tagesordnung des Parlaments zu setzen. Jede Woche läßt die taz ExpertInnen zu Wort kommen, die die Argumente für den Transrapid widerlegen.

Das Argument: Der Transrapid sichert künftige Mobilität

Mobilität ist etwas Positives, sie eröffnet Handlungsmöglichkeiten. Auf die Notwendigkeit einer differenzierten Auseinandersetzung verweisen jedoch u.a. das Umweltbundesamt und die Klima-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages. Demnach besteht das verkehrspolitische Grundproblem darin, daß Mobilität nach den Prinzipien des „schneller, weiter, höher“ gemessen wird.

Der Transrapid folgt genau dieser Maßgabe, die den Verkehr zum Umweltproblem Nummer eins gemacht hat: Man soll im Raum Schwerin wohnen, in Berlin arbeiten und in Hamburg ins Theater gehen.

Dazwischen wird (wieder) Transitland entstehen. Diese Zielsetzung ist nicht nur ökologisch verheerend, sondern auch unsozial. Heute finden 90 Prozent aller Bahnfahrten unter 50 Kilometer statt. Hier müssen bessere Angebote entwickelt werden, statt rund 15 Mrd. Mark in ein unverträgliches Hochgeschwindigkeitssystem zu investieren. Rheinland- Pfalz hat es vorgemacht. Mit einer konsequenten Förderung des Nahverkehrs sind dort innerhalb von vier Jahren 80 Prozent mehr Fahrgäste für die Schiene gewonnen worden.

Eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik muß dafür sorgen, daß die Ausgangsorte und Ziele möglichst nahe zusammenliegen. Je besser dies gelingt, desto mehr Verkehr kann vermieden werden bei gleicher Mobilität. Nach wie vor legt der Bundesbürger im Durchschnitt 1.000 Wege pro Jahr zurück, und dies wird sich auch mit dem Transrapid nicht ändern. Was mit der Magnetbahn zunimmt, ist nicht unsere Beweglichkeit, sondern lediglich der Verkehrsaufwand und der Ressourcenverbrauch.

Ein Verkehrssystem, das antritt, um Mobilität zu sichern, muß mehr bieten als 500 km/h: Es muß dem Stand der Debatte entsprechen, und diese hat spätestens seit der Umweltkonferenz von Rio den Transrapid weit überholt. An der Schwelle zum 21.Jahrhundert brauchen wir eine doppelte Entkoppelung. Der wirtschaftliche Wohlstand muß vom Verkehrswachstum abgehängt werden und Mobilität von der schnellen Überwindung des Raumes. Dazu sind sowohl technologische als auch soziale Innovationen erforderlich, die den Kriterien der Nachhaltigkeit verpflichtet sind. Andreas Rade

Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin

Veröffentlichung: Andreas Rade/ Werner Rosenberg (Hrsg.): „Transrapid in der Diskussion“. Berlin 1995